1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kolumbiens neuer Präsident mit Altlasten ins neue Amt

8. August 2010

Juan Manuel Santos ist als neuer Präsident Kolumbiens vereidigt worden. Der ehemalige Verteidigungsminister will die Politik seines Vorgängers fortführen. Gleichzeitig setzt er im Konflikt mit Venezuela auf Entspannung.

https://p.dw.com/p/OeX9
Amtseinführung von Juan Manuel Santos (Foto: AP)
Amtseinführung von Juan Manuel SantosBild: AP

Unmittelbar vor dem Ende seiner insgesamt achtjährigen Amtszeit hat Kolumbiens Staatschef Álvaro Uribe den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verklagt. Neben Kriegsvergehen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wirft er ihm vor, 1.500 Guerilleros der beiden Organisationen FARC und ELN Unterschlupf zu gewähren.

Venezuelas Präsident Hugo Chávez (Foto: AP)
Venezuelas Präsident Hugo ChávezBild: ap

Bereits am 22. Juli hatte die kolumbianische Regierung bei der Organisation Amerikanischer Staaten erstmals angebliche Beweise für diese Behauptungen vorgelegt. Chávez wies die Vorwürfe zurück und brach die diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien ab. Am Donnerstag gab er Kolumbiens Diplomaten 72 Stunden Zeit, das Land zu verlassen, kündigte die Schließung der venezolanischen Botschaft in Bogotá an und versetzte die Streitkräfte in Alarmbereitschaft.

Gleichzeitig signalisierte er aber auch dem Nachbarland Entgegenkommen: Außenminister Nicolas Maduro wohnte der Vereidigung von Juan Manuel Santos am Samstag (07.08.2010) bei.

Nach seiner Amtsübernahme bot Santos "freimütige und direkte" Gespräche an. Diese müssten sich auf der Basis "gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit" entwickeln, beide Seiten müssten zudem eindeutig Stellung gegen Kriminalität beziehen. Chávez erklärte sich umgehend mit einem Treffen einverstanden. Er sei bereit, in den Beziehungen mit Kolumbien "eine neue Seite aufzuschlagen".

Amnesty-Appell

Ein zerstörtes gelbes Taxi (Foto: AP)
Kolumbien erlebt seit Jahren Zerstörung statt FriedenBild: AP

Amnesty International hat indes die neue Regierung aufgefordert, angesichts der anhaltenden Konflikte im Land die Unabhängigkeit des Justizsystems zu gewährleisten. Nur so könnten die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden.

Die Menschenrechtsorganisation wirft den kolumbianischen Sicherheitskräften, Paramilitärs und Guerillagruppen vor, in der Vergangenheit außergerichtliche Hinrichtungen und Entführungen von Gegnern sowie Zwangsvertreibungen begangen zu haben.

Santos will Uribes Politik fortsetzen

Álvaro Uribe (Foto: AP)
Álvaro Uribe war acht Jahre lang Kolumbiens StaatschefBild: AP

Santos gilt als "Uribes Erbe". Er will dessen Politik fortsetzen. Als Uribes größte Leistung gilt die Wiederherstellung der Sicherheit im Land im Kampf gegen die linke FARC-Guerilla. Auf den neuen Präsidenten kommt die schwierige Aufgabe zu, jetzt die Ursachen der Gewalt zu beseitigen, um dem Land auch inneren Frieden zu bescheren.

Trotz stattlichen Wirtschaftswachstums nahmen unter Uribe Elend und Arbeitslosigkeit zu. Knapp die Hälfte der 44 Millionen Kolumbianer gelten heute als arm. Eine Reihe von Skandalen prägten zudem seine Amtsjahre, angefangen bei den Verbindungen zwischen Staat und Armee mit den rechtsextremen Paramilitärs. Parlamentarier seiner Koalition landeten deshalb gleich dutzendweise im Gefängnis.

Uribe führte Krieg nach dem Motto "Der Zweck heiligt die Mittel", über 2000 junge Leute wurden von der Armee ermordet und anschließend als im Gefecht getötete Guerilleros ausgegeben, um die Schlagkraft der Streitkräfte größer erscheinen zu lassen. Von 2006 bis 2009 war Juan Manuel Santos als Verteidigungsminister Uribes wichtigster Helfer.

Autor: Michael Borgers (epd, rtr, dpa, afp)

Redaktion: Marko Langer