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Koalition ringt um Transitzonen

5. November 2015

Die Zeichen stehen auf Einigung, auch wenn vor dem Koalitionsgipfel zur Flüchtlingspolitik noch keine gemeinsame Linie von Union und SPD erkennbar ist. Kanzlerin Merkel fordert ein neues europäisches Asylrecht.

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CSU-Chef Horst Seehofer, SPD-Chef Sigmar Gabriel, Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: picture-alliance/dpa/W. Kumm)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Vor ihren neuerlichen Gesprächen haben Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel ihren Willen zu einer raschen Verständigung in der Flüchtlingsfrage signalisiert. Im Zentrum der Kontroverse steht, ob es sogenannte Transitzonen geben soll.

Nach ihrem ergebnislosen Spitzentreffen vom Sonntag steht die Koalition unter erheblichem Einigungsdruck. Merkel äußerte sich zurückhaltend zu den Einigungschancen bei dem für Donnerstagnachmittag geplanten Treffen im Kanzleramt: "Alle wollen, dass wir vernünftige Lösungen finden. Wir werden schauen, ob wir Einigkeit erzielen. Und sollten wir keine Einigkeit erzielen, müssten wir eben weiterverhandeln. Das wäre nicht das allererste Mal."

SPD-Chef: "Wir sollten uns einigen"

Gabriel erwartet vom Koalitionstreffen eine Einigung, nachdem Union und Sozialdemokraten zuletzt verbal abgerüstet hatten. Er sagte der "Bild"-Zeitung: "SPD, CDU und CSU werden sicher gemeinsame Vorschläge machen. Das erwarten die Bürger zu Recht von uns. Deshalb sollten wir uns einigen."

Der Vizekanzler betonte zugleich: "Aber was wir beschließen, muss Hand und Fuß haben und in der Praxis auch funktionieren. Reine Papiertiger und faule Kompromisse sind überflüssig. Riesige Haftlager für Tausende Flüchtlinge, die man verdruckst 'Transitzonen' nennt, sind solche Papiertiger."

SPD für "Einreisezentren"

Die SPD plädiert stattdessen für "Einreisezentren". Die nordrhein-westfälische Regierungschefin Hannelore Kraft bekräftigte im Düsseldorfer Landtag: "Wir wollen nicht, dass Menschen in Haft genommen werden, und dabei bleibt es auch." Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte, ihre Partei werde keinen Zentren zustimmen, "die eingezäunt und bewacht sind".

Außenminister Frank-Walter Steinmeier setzt weiter auf schnelle Kompromisse zwischen SPD und Union. Es könnten nicht weiter Tausende Flüchtlinge unregistriert die deutsche Grenze passieren, sagte der SPD-Politiker der Zeitung "Neue Westfälische" aus Bielefeld. Notwendig seien ein kontrolliertes Verfahren bei der Einreise sowie mehr Tempo bei der Registrierung und Rückführung abgelehnter Asylbewerber.

Um die Registrierung und mögliche Abschiebung von Flüchtlingen soll es auch bei einem anschließenden Treffen von Kanzlerin Merkel mit den Regierungschefs der Bundesländer gehen.

Merkel: Grenzschutz funktioniert nicht mehr

Kanzlerin Merkel hält eine Modernisierung des europäischen Asylrechts für unabdingbar. Bei einem so großen Andrang von Flüchtlingen funktioniere der Grenzschutz langfristig nicht mehr, sagte sie am Mittwochabend im Düsseldorfer Industrieclub: "Das Dublin-Abkommen hat solche Schwächen, dass wir es auf jeden Fall verändern müssen."

Der völkerrechtliche Vertrag, dem auch einige Nicht-EU-Staaten beigetreten sind, regelt, dass der Staat, in den ein Flüchtling zuerst eingereist ist, das Asylverfahren durchführen muss. Das europäische Asylrecht beruhe darauf, dass der Grenzschutz im Wesentlichen auf die europäischen Außengrenzen verlagert wurde, sagte Merkel.

Dies sei ein Vertrauensbeweis aller Staaten gewesen, die dem Dublin-Abkommen und dem Schengener-Abkommen zur Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen beigetreten seien. "Dieser Vertrauensbeweis kann natürlich nur gutgehen, wenn wir dann auch gemeinsam bereit sind - wenn dieses System nicht funktioniert - die notwendigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen."

gri/fw (dpa, epd)