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Koalition in Winterstarre

Sabine Kinkartz21. März 2013

In sechs Monaten wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Im Koalitionsausschuss haben Union und FDP beschlossen, was sie vorher politisch noch auf den Weg bringen wollen. Viel ist es nicht.

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Das Kanzleramt in Berlin im Schnee (Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL)
Bild: AFP/Getty Images

In Berlin schneit es seit Tagen und will so gar nicht aufhören. Winterstarre statt Frühlingsanfang, niemand weiß, wie lange sich Eis und Schnee noch halten werden. Ein wenig spiegelt das Wetter die politische Lage wider. Die Stimmung in der Regierungskoalition kreist seit Monaten um den Gefrierpunkt. Union und FDP sind schon lange kein Traumpaar mehr und finden nur selten einen gemeinsamen politischen Nenner.

Entsprechend dürftig fiel auch das Ergebnis des Koalitionsausschusses am Donnerstagabend aus. Zum zweiten Mal in diesem Jahr setzten sich CDU-Chefin Angela Merkel, die Vorsitzenden von CSU und FDP, Horst Seehofer und Philipp Rösler, sowie die Fraktionschefs, Generalsekretäre und Parlamentarischen Geschäftsführer im Kanzleramt zusammen. Die führenden Politiker der Koalition besprachen, was vor der nächsten Bundestagswahl noch auf den Weg gebracht werden kann. Wie wenig das ist, zeigt sich auch daran, dass sich nach dem Treffen nicht einmal die Generalsekretäre den Fragen der wartenden Journalisten stellen wollten. Es gab lediglich eine schriftliche Presserklärung.

Darin heißt es, dass die Regierungsparteien nach der Volksabstimmung in der Schweiz über die Begrenzung von Managergehältern nun auch in Deutschland die Rechte von Aktionären stärken und ihnen ein Mitspracherecht bei der Festsetzung der Gehälter sichern wollen. In den Hauptversammlungen börsennotierter Aktiengesellschaften soll über die Vergütung der Vorstandsmitglieder abgestimmt, und damit eine für den Aufsichtsrat verbindliche Entscheidung getroffen werden. Eine Gehaltsobergrenze soll es aber nicht geben. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wird eine Änderung des Aktienrechts erarbeiten, über die der Bundestag noch vor der Sommerpause abstimmen könnte.

Homo-Ehe, Mindestlohn, Ökostrom - die Union und der Kampf um ihre Werte

Die Koalition hat sich auch entschieden, das Aussteigerprogramm "Exit" fortzuführen. 500 Rechtsextreme wurden damit in den vergangenen 13 Jahren dabei unterstützt, aus der Szene herauszukommen. "Exit" benötigt etwa 165.000 Euro jährlich, doch die Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds laufen demnächst aus. Die Regierungskoalition will eine Finanzierung für die nächsten drei Jahre sichern und damit ein Zeichen setzen, nachdem sie sich schon nicht darauf einigen konnte, beim Bundesverfassungsgericht einen eigenen Antrag auf ein Verbot der rechtsextremen NPD zu stellen.

Weiterhin über Kreuz liegen die Koalitionäre auch hinsichtlich einer rechtlichen Gleichstellung von homosexuellen Paaren mit Eheleuten. Während die FDP ein entsprechendes Gesetz gerne noch vor der Wahl auf den Weg bringen würde, lehnt die Union eine volle Gleichstellung ab. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar bereits entschieden, dass auch Homosexuelle die Kinder ihrer Partner adoptieren dürfen. Ein entsprechendes Gesetz muss aber erst bis zum Sommer 2014 vorliegen.

Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Roesler (FDP) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) blicken im Bundestag in Berlin auf der Regierungsbank auf ihre Mobiltelefone.
Nicht nur kommunikative Schwierigkeiten: Die Kanzlerin und ihr VizeBild: dapd

Trübe Aussichten

Nicht mehr vor der Bundestagswahl umgesetzt wird auch das umstrittene Rentenpaket mit einer besseren Absicherung gegen Altersarmut und einer Erhöhung der Renten für Mütter. Beim vorigen Koalitionsausschuss war darüber noch heftig diskutiert worden. Die FDP konnte sich für die Pläne jedoch nicht erwärmen. Die Unionsparteien wollen die politische Zielsetzung nun als Forderung in ihre Wahlprogramme einfließen lassen.

Während der Schnee in Berlin demnächst sicherlich wieder schmelzen und die Winterstarre dem Frühling weichen wird, ist in der Regierungskoalition kein Ende des politischen Stillstands in Sicht. Auf Aufbruch und Neuanfang braucht in den kommenden sechs Monaten wohl niemand mehr zu hoffen.