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Klaus gegen "schleichende Vereinigung" Europas

Uwe Müller 13. Dezember 2001

- Die EU-kritische Rede des tschechischen Parlamentspräsidenten in Brüssel zielte auf die Wähler in Tschechien

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Prag, 13.12.2001, PRAGER ZEITUNG, deutsch

Der EU-Beitritt Tschechiens wird zu einem der wichtigen Wahlkampfthemen des kommenden Jahres. Nicht anders kann man den Auftritt des tschechischen Parlamentspräsidenten Vaclav Klaus vergangene Woche vor dem Europäischen Parlament und die darauf folgende Reaktion in Tschechien interpretieren. In der Hochburg der europäischen Einigungspolitik warnte der tschechische Politiker vor einer "schleichenden, lautlosen Vereinigung des Kontinents", pochte auf den Erhalt der autochtonen Rechte der nationalen Parlamente, kurz, er ließ keine Gelegenheit aus, um seinem Ruf als Euroskeptiker gerecht zu werden und die Gastgeber vor den Kopf zu stoßen.

Die reagierten auf die Ausführungen mit Zurückhaltung, wie es sich für Gastgeber gehört. Allzu großes Gewicht wurde der Rede von Klaus schließlich nicht beigemessen. Sicherlich haben einige mit Kopfschütteln registriert, dass der Politiker ein Land vertritt, dass vehement an die Türen in Brüssel klopft und hofft, schon 2004 eingelassen zu werden. Andere wiederum kennen Klaus und haben nichts anderes erwartet. (...)

War die Reaktion in Brüssel gelassen bis ungerührt, so herrschte dagegen im tschechischen Abgeordnetenhaus Aufregung. Gestritten wurde, ob Parlamentspräsident Klaus überhaupt befugt war, seine persönliche Meinung vor den Europa-Parlamentariern derart auf den Punkt zu bringen. Viererkoalition, Sozialdemokratie sowie Kommunisten wollten von Klaus wissen, was er mit seiner Rede eigentlich bezweckt habe. Unterstützung fanden sie bei Staatspräsident Vaclav Havel. Der hatte in einem Brief an das Abgeordnetenhaus eine Erklärung verlangt, ob der ODS-Politiker im Namen aller Abgeordneten gesprochen habe.

Einige Parlamentarier sahen den ungeliebten Politiker Klaus schon straucheln. Wenigstens hinter vorgehaltener Hand wurde über Rücktrittsforderungen diskutiert. Doch ohne Sozialdemokratie haben derartige Pläne keine Chancen auf Erfolg. Und die hat ein halbes Jahr vor den Parlamentswahlen absolut kein Interesse, den Oppositionsvertrag in Frage zu stellen. Premier Milos Zeman wiegelte denn auch ab und suchte die Aufregung zu besänftigen. Jeder Abgeordnete habe ein Recht auf seine Meinung.

Klaus fühlte sich in Tschechien wieder einmal missverstanden. "Hysterisch" sei die Reaktion auf seine Bedenken über einen fortschreitenden Entmündigungsprozess. Anfang dieser Woche, erklärte er einer ausgewählten Zuhörerschaft im Prager Zofin noch einmal seine Europa-Bedenken. "Mir reicht das Maß an Integration schon", stellte er unmissverständlich fest. Tschechien drohe, ebenso wie Polen oder Estland "zur armen Randzone eines europäischen Superstaates" zu verkommen.

Der ODS-Spitzenpolitiker sparte nicht mit Kritik an die Adresse einiger sozialdemokratischer Politiker für deren allzu bereitwillige Europa-Politik. In einem Nebensatz machte er klar, dass es ihm vor allem um Wählerstimmen geht. An den Stammtischen habe man für ihn früher wenig Sympathien gehabt, das würde sich nun ändern, habe ihm ein Bekannter gesagt. (ykk)