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Klassische Musikausbildung als Entwicklungsprojekt

Hans Spross12. September 2006

Die Einladung ausländischer Nachwuchsorchester zum Bonner Beethovenfest hat inzwischen Tradition. Nach Ensembles aus Osteuropa, China und Venezuela sind es beim diesjährigen Beethovenfest junge Musiker aus Südafrika.

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Auch Lieder in der Zulu-Sprache werden gespieltBild: presse

Das nationale Jugendorchester aus Südafrika ist ein Projektorchester, was sich auch an der Altersstruktur ablesen lässt: Die Teilnehmer sind zwischen 13 und 24 Jahren alt. Im Unterschied zu den bisherigen ausländischen Jugendorchestern, die zu Gast beim Beethovenfest in Bonn waren, sind die Musiker aus Südafrika nicht Angehörige eines festen Ensembles, zum Beispiel einer Musikhochschule, sondern ganz frisch aus einem landesweiten Auswahlprozess hervorgegangen. "Die Jugendlichen haben in Wettbewerben für einen Platz in diesem Jugendnationalorchester in Südafrika gespielt", erklärt Ilona Schmiel, Leiterin des Beethovenfestivals. "Wir bekommen hier sozusagen die Spitze einer großen musikalischen Ausbildungsbewegung zu hören."

Lange Tradition

South African National Youth Orchestra Quelle: Beethovenfest
Das South African National Youth OrchestraBild: presse

Die musikalische Ausbildungsbewegung hat eine 40-jährige Tradition, denn so lange schon setzt sich die private Initiative namens South African National Youth Orchestra (SANYO) für die klassische Musikausbildung in Südafrika ein, und zwar als Entwicklungsprojekt. "Wir setzen klassische Musik und Organisationen wie SANYO als ein Instrument ein, um Aussöhnung und Integration von Menschen mit ganz verschiedenem kulturellen Hintergrund zusammenzubringen," sagt Orchestermanager und SANYO-Chef Faan Malan. "Klassische Musik ist eine Sprache, die wir alle verstehen. Wir unternehmen in unserem Land eine gewaltige Anstrengung, um viele Tausende junger Menschen an klassischen Instrumenten auszubilden, das ist unser Beitrag zur Aussöhnung in unserem Land."

Ein Beitrag, der bislang nur dank finanzieller Unterstützung des Privatwirtschaft geleistet wird, und der nicht so groß ist, dass genügend qualifizierte Lehrer eingesetzt werden können.

Großes Interesse an klassischer Musik

South African National Youth Orchestra Komponist un Dirigent Hans Huyssen Quelle: Beethovenfest
SANYO-Komponist Hans HuyssenBild: presse

Immerhin lernen zurzeit rund 10.000 Kinder und Jugendliche dank SANYO ein Musikinstrument. Malan schätzt, dass 35 bis 40 Prozent der Teilnehmer an den Orchester-Workshops, die alljährlich von SANYO veranstaltet werden, aus der schwarzen Bevölkerung stammen.

Aus diesen Workshops und Wettbewerben geht das in seiner personellen Zusammensetzung ständig wechselnde Südafrikanische Jugendorchester hervor, das jetzt erstmals in Bonn und überhaupt im Ausland gastiert. Für die Musiker eine große Erfahrung, wie Konzertmeisterin Sarah Pudifin bestätigt: "Es ist phantastisch. Für viele hier im Orchester ist es die erste Auslandsreise. Und die großen europäischen Komponisten, vor allem Beethoven, hier in Europa spielen zu können, das ist für uns alle eine spannende Erfahrung."

Wendepunkt für SANYO

SANYO-Chef Malan hofft, dass der Besuch in Bonn der klassischen Musikausbildung für möglichst breite Bevölkerungsschichten in Südafrika einen wichtigen Impuls geben wird: "Unser Auftritt hier in Bonn ist ein Wendepunkt für SANYO, denn damit erhalten wir mehr Aufmerksamkeit, und jetzt können wir unsere Regierung ansprechen, damit wir auch von dort Förderung bekommen." Natürlich ist den Aktivisten von SANYO wie den anderen an dem Projekt beteiligten Musikern klar, dass in der Prioritätenliste der südafrikanischen Regierung zurzeit andere Dinge an der Spitze stehen als klassische Musik. Dennoch glauben sie, dass ihre Aktivitäten für den gesellschaftlichen Zusammenhalt Südafrikas eine große Rolle spielen kann.

Natürlich wisse auch er, dass Musik nicht alle Probleme unserer verrückten Welt lösen könne, sagt Dirigent Conrad van Alphen, aber sie könne die Menschen doch einander näher bringen. Das sieht auch Ruan van Dorsten, Bratschist des südafrikanischen Orchesters. "Alle Kulturen können Freude und Traurigkeit durch Musik kommunizieren, und das bringt uns zusammen."