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Klassik trifft Roma-Klänge

29. September 2011

Liszt, Brahms oder Strauß liessen sich von Roma- und Sinti-Musik inspirieren. Werke der Komponisten präsentiert ein Orchester der besonderen Art: die "Roma und Sinti Philharmoniker" - zu Gast beim Beethovenfest in Bonn.

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Sinti und Roma Philharmoniker beim Beethovenfest 2011(Quelle: © Björn Hadem)
Bild: Björn Hadem

Angefangen hat alles vor zehn Jahren, erinnert sich Dirigent Riccardo M. Sahiti. Sein Traum war es schon lange, ein Orchester für Sinti und Roma zu gründen. 2001 war es dann soweit: 24 Musiker gründeten den "Philharmonischen Verein der Sinti und Roma Frankfurt am Main e.V.". Heutzutage hat der Verein 72 Mitglieder. Für das Beethovefest in Bonn haben sie ein Sonderprojekt erarbeitet: "Die Roma und Sinti Philharmoniker". Die Musiker unter der künstlerischen Führung von Riccardo M. Sahiti präsentieren dann in der ehemaligen Bundeshauptstadt gleich zwei Programme.

Musik vom Herzen

Riccardo M. Sahiti, Dirigent der Sinti und Roma Philharmoniker (Quelle: © Björn Hadem)
Riccardo M. Sahiti, Dirigent mit VisionenBild: Björn Hadem

"Die meisten Roma-Musiker, die in Bonn gespielt haben, sind momentan in großen Orchestern weltweit tätig - in Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien oder Rumänien," erzählt der Dirigent. Alle sind professionelle Musiker, die sich extra für das Projekt ein paar Tage frei genommen haben. Einen speziellen Auswahlprozess habe es aber nicht gegeben, erläutert Sahiti. Jeder, der Interesse daran hatte, konnte mitmachen. "Unsere Musiker spielen nicht wegen des Geldes, sondern für die Idee. So kommt die Musik auch vom Herzen", sagt der Dirigent.

Geboren wurde Riccardo M. Sahiti 1961 als Roma in der kleinen Stadt Kosovska Mitrovica, im damaligen Jugoslawien. Seine Eltern schickten ihn zur Musikschule, wo er Klavierspielen lernen sollte. Nach der Schule zog er zum Studieren nach Belgrad - mit dem Wunsch nicht Pianist, sondern Dirigent zu werden. Nachdem er sein Studium in Dirigieren und Musikpädagogik abgeschlossen hatte, ging er zunächst an ein Konservatorium in Moskau, um dann ab 1992 seine Ausbildung in Frankfurt am Main fortzusetzen. In Deutschland reifte dann allmählich die Idee, ein Roma- und Sinti-Orchester zu gründen. Das Orchester sollte insbesondere jene Werke aufführen, deren Wurzeln in der Kultur der Roma und Sinti liegen oder die von "Zigeunerklängen" inspiriert wurden. Dazu zählen Werke wie die "Rumänischen Volkstänze" von Béla Bartók, die "Ungarischen Rhapsodien" von Franz Liszt oder der "Zigeunerbaron" von Johann Strauß.

Eine stetige Inspirationsquelle

Franz von Liszt
Franz Liszt holt sich Inspiration von den Roma-KlängenBild: dpa

Seit vielen Jahren schon versucht Riccardo M. Sahiti den Menschen die Kultur der Roma und Sinti nahezubringen. Denn er glaubt, dass die Roma-Volksmusik noch viel der Musikwelt geben kann. Auch in der Zukunft könne sie Komponisten und Künstler inspirieren. Vor allem könne man viel von alten Roma-Musikern lernen, die Meister auf ihren Instrumenten sind. So könnten sich moderne Komponisten von ihnen Melodien vorspielen lassen, diese aufschreiben und weiter entwickeln, träumt Sahiti. "Weil diese Menschen die Musik in den Köpfen haben, viele, wunderschöne Melodien kennen, aber diese nicht aufschreiben können."

Ein gutes Beispiel aus der Vergangenheit gibt es schon - Franz Liszt. In seinen "Ungarischen Rhapsodien" hat er Lieder verarbeitet, die er auf seiner Reisen durch Ungarn gesammelt hatte. "Seine Schöpfungen beruhen auf Roma-Musik und die neuen Kreationen tragen dazu bei, dass die alten Musikstücke nicht in Vergessenheit geraten und nicht einfach verschwinden oder sterben, zusammen mit den Menschen", betont der Dirigent. Dank seiner Brillanz habe Liszt einzigartige Werke geschrieben, die eine der größten Anerkennungen für die Roma-Tradition seien, so Sahiti.

Von der Zukunft träumen

Mit seinen "Roma und Sinti Philharmoniker" hat sich Sahiti Großes vorgenommen: Er hofft, dass die Arbeit des Orchesters Komponisten dazu bewegen wird, Symphonien oder Konzerte für seine Philharmoniker zu schreiben. "Vielleicht kann man dann in hundert Jahren sagen, dass dieses Werk dank uns kreiert wurde", sagt Sahiti. Bis dahin aber will er einfach weiter an seinem Traum arbeiten, dass es eines Tages ein ständiges Roma- und Sinti-Orchester geben wird.

Autorin: Zornitsa Raycheva
Redaktion: Blagorodna Grigorova