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Klammes Land mit Stil

Bernd Gräßler12. September 2003

Weniger Geld ausgeben und mehr Geld einnehmen lautet das Gebot für das klamme Deutschland. Die Luftwaffe geht mit gutem Beispiel voran und verkauft 23 Kampfflugzeuge an Polen – für insgesamt 23 Euro.

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Der Bundesfinanzminister hatte eine schwere Woche. Hans Eichels Haushalt für 2004 sei der unrealistischste Budgetentwurf, den er je erlebt habe, urteilte der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Rolf Peffekoven. Deutschlands Haushaltsdefizit wird, wenn kein Wunder geschieht, wie schon in diesem Jahr auch im nächsten den europäischen Stabilitätspakt verletzen.

Hohn und Spott der Opposition ergoss sich im Bundestag über den staatlichen Kassenwart Hans Eichel. CDU-Chefin Angela Merkel kündigte die Ablehnung des Haushalts in der oppositionsdominierten Länderkammer, dem Bundesrat an. Viel Streit gibt es, wo noch mehr als bisher gespart werden kann: ob bei der Zulage für jene Bürger, die sich ein Eigenheim bauen wollen, beim staatlichen Zuschuss für die Kinderbetreuung, bei der Arbeitslosenhilfe oder bei der Steuervergünstigung für jene, die einen weiten Weg zu ihrem Arbeitsplatz haben. Auch Staatseigentum soll veräußert werden. Eine gute Idee befand das Verteidigungsministerium und ging mit gutem Beispiel voran: Es verkaufte an das benachbarte und befreundete NATO-Jungmitglied Polen eine Staffel Jagflugzeuge vom sowjetischen Typ MIG 29, die das vereinigte Deutschland einst aus DDR-Beständen geerbt hatte. Der Preis: Für jeden Flieger zahlen die Polen eine Euro. Das spült immerhin 23 Euro in die klammen Staatskassen. Ein symbolischer Preis, wie es heißt.

Die Ostdeutschen kennen das. Viele gaben nach der Wende ihre Autos vom Typ Wartburg, Trabant oder Skoda beim Autohändler für eine Mark ab, der sie dann nach Polen entsorgte, wo sie heute noch fahren. Auch die MIG-Kampfjets können nach Ansicht von Experten noch bis 2008 Dienst tun. Denn die 23 Maschinen sind allesamt noch einsatzbereit, sie waren erst 1988 in Dienst gestellt worden. 700 Millionen Mark hatte die Bundeswehr investiert, um die Elektronik der Flugzeuge auf NATO-Standart zu bringen. Die MIG`s, von ostdeutschen Piloten einst als "rote Diva" bezeichnet, trotzdem generös wegzuschenken, hat Stil und es zeigt: Der Bundeskanzler hat Recht, wenn er sagt, Deutschland sei immer noch eines der wohlhabendsten Länder der Erde. Vor allem wenn man bedenkt, was anstelle der MIG künftig Deutschlands Luftraum beschützen soll: der Eurofighter. West-Technik vom Feinsten. Zwar hat er noch einige kleine Macken, fliegt nicht so schnell wie die MIG und ist laut Bundesrechnungshof derzeit nur bedingt einsatzfähig. Aber wenigstens kostet er 100 Millionen Euro pro Stück, und nur das ist ein angemessener Anschaffungspreis für ein reiches Land wie Deutschland.