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Zweifel an Klage wegen Facebook-Fotos

16. September 2016

Es ist eine Geschichte, die geeignet ist, im Netz für höchste Aufregung zu sorgen. Eine junge Frau verklagt ihre Eltern, weil diese Kinderfotos auf Facebook posten. Nur leider stimmt die Story wohl nicht.

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Nicht bei Facebook gefunden: Ein kleines Mädchen planscht im Wasser (Foto: Colourbox)
Nicht bei Facebook gefunden: Ein kleines Mädchen planscht im WasserBild: Colourbox

"Ob ich auf dem Töpfchen saß oder nackt in meinem Kinderbettchen lag - jeder Schritt von mir wurde fotografisch festgehalten und nachträglich öffentlich gemacht", erzählte eine 18-Jährige der österreichischen Illustrierten "Die ganze Woche". "Sie kannten keine Scham und keine Grenze."

Angeblich täglich Fotos gepostet

Seit 2009 hätten die Eltern täglich Kinderfotos von ihr bei Facebook online gestellt, so die von der Zeitschrift "Anna Maier" genannte junge Frau. Dies sei gegen ihren Willen geschehen, die Eltern weigerten sich, die Bilder zu löschen. Sie habe deshalb einen Anwalt genommen und Klage gegen ihre Eltern eingereicht, zitiert die Zeitschrift die 18-Jährige weiter.

"Nackt im Kinderbettchen"? - das geht bei Facebook schon 'mal gar nicht. Bei Bildern mit nackten Menschen versteht das größte Online-Netzwerk keinen Spaß, sie werden rigoros entfernt. Kürzlich löschte der US-Internetriese ein historisches Foto aus dem Vietnam-Krieg. Es zeigt ein junges Mädchen, das vor einem Napalm-Angriff der USA flieht - das Kind ist nackt!

Zahlreiche Ungereimtheiten

Allein die bekannten entsprechenden Richtlinien des US-Internetriesen hätten Zweifel an "Annas" Erzählungen wecken können, die von vielen Online-Seiten aufgegriffen wurden, auch von der Deutschen Welle. Und dann begannen die alten analogen Medien zu recherchieren, mit erstaunlichen Ergebnissen: Die von der Illustrierten erwähnte Anwaltskanzlei weiß nach eigenen Angaben von nichts. Die Reporter konnten in ganz Österreich kein Gericht ausfindig machen, bei dem die angebliche Klage eingereicht wurde.

Chefredakteur beharrt auf Story

Der Online-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gelang es, "Ganze Woche" Chefredakteur Burkhard Trummer zu einer Reaktion zu bewegen. "Das Mädchen möchte keinen Kontakt mehr zu anderen Medien haben“, schrieb der Journalist. "Wir haben selbst mit allen Beteiligten gesprochen, so wie es in unserem Bericht steht." Trummer fügt hinzu: "Die Geschichte STIMMT.“ Beweise, so Faznet, lieferte er nicht.

Noch ist es ungewöhnlich heiß in weiten Teilen Mitteleuropas. Vielleicht sollten wir die Geschichte unter "Sommerloch" verbuchen: Eine Ente schwimmt im Teich der Medien.

wl/sti (internet)