1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kirgisische Wanderarbeiter denken trotz Krise nicht an Rückkehr

27. August 2009

Hunderttausende Wanderarbeiter aus Kirgisistan arbeiten im Ausland. Zwar fallen ihre Überweisungen in die Heimat magerer aus. Doch zurück will kaum jemand.

https://p.dw.com/p/JJbN
Bild: picture-alliance/ dpa

2008 haben kirgisische Wanderarbeiter über eine Milliarde Dollar aus dem Ausland in ihre Heimat überwiesen. Das ist fast soviel wie der gesamte Staatshaushalt des Landes ausmacht. Die Arbeitsmigranten befinden sich mehrheitlich in Russland. Nach Angaben des kirgisischen Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung sind die Geldtransfers aus dem Ausland deutlich zurückgegangen, nämlich um fast ein Drittel. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass die Arbeitsmigranten aus Kirgisistan in der Fremde die Wirtschaftskrise deutlich zu spüren bekommen. Auf den ersten Blick scheint es daher paradox, dass ein Trend zur Rückkehr der Arbeiter in ihre Heimat nicht festzustellen ist.

"Russlands Wirtschaft braucht Wanderarbeiter"

Der stellvertretende Leiter der Vertretung des Föderalen Migrationsdienstes Russlands in Bischkek, Jurij Kuschnarjow, erklärt: Die Wanderarbeiter würden auch im Falle einer Entlassung Russland nicht verlassen. Im Gegenteil, sie würden vor Ort versuchen, neue Arbeit zu finden. "Die russische Wirtschaft kommt ganz ohne Wanderarbeiter nicht aus, trotz der Krise. Obwohl die Quote für ausländische Arbeitskräfte um rund 40 Prozent reduziert wurde, ist keine Rückkehr von Wanderarbeitern nach Kirgisistan zu beobachten", stellte Kuschnarjow fest.

Offiziellen Angaben zufolge fahren jedes Jahr 300.000 bis 500.000 Kirgisen nach Russland, um dort zu arbeiten. Andere Schätzungen sprechen von einer Million, was fast einem Drittel der Bevölkerung in arbeitsfähigem Alter entspräche. Wie der Vertreter des russischen Migrationsdienstes berichtet, werde nun ein Verfahren zur organisierten Aufnahme von Wanderarbeitern geplant. Danach müssten sich Arbeitssuchende vor der Abreise nach Russland einen Arbeitgeber suchen. "Ziel des neuen Verfahrens ist, die illegale Migration einzuschränken", sagte Kuschnarjow. Illegale Einwanderung sei zwar nicht ganz zu verhindern, aber es müsse sichergestellt werden, dass die Menschen noch in Kirgisistan ein vollständiges Bild bekämen, wo und für wen sie in Russland arbeiten würden. Während der Wirtschaftskrise ist auch eine zunehmende illegale Migration von Kirgisistan aus nach Russland zu verzeichnen.

Illegale Migration auch nach Europa

Wieviele Kirgisen auf der Suche nach Arbeit in West- und Mitteleuropa ihr Glück versuchen, ist nicht bekannt. "Weil sie illegal sind, haben wir einfach keine Daten", sagt der Vertreter der Konsular-Abteilung beim kirgisischen Außenministerium, Erkin Aidit. Aber zumindest vage Tendenzen scheinen sich abzuzeichnen: "Sie reisen vor allem illegal nach Italien oder Großbritannien, weil dort die Migrationsdienste nicht so streng sind, und weil man dort leichter unqualifizierte Arbeit finden kann", erläutert Aidit.

Laut dem Vorsitzenden der Kirgisischen Diaspora in Italien, Asamat Aitbajew, arbeiten in dem Land rund 5.000 Kirgisen. "Sie arbeiten vor allem in den südlichen Regionen Italiens, auch in Rom und Mailand. Ich kann nicht sagen, dass sie alle illegal sind, etwa 30 Prozent haben einen legalen Status erhalten" sagte Aitbajew der Deutschen Welle.

Die Kirgisen seien in Italien vor allem im Dienstleistungssektor beschäftigt. Während der Krise hätten sich auch ihre Einkünfte verringert. Doch nach Hause wolle trotzdem niemand, so Aitbajew. "Die Krise trifft unsere Migranten weniger, weil der Dienstleistungssektor nicht so sehr betroffen ist. Aber natürlich wirkt sich die Krise auf die Einnahmen aus, bei so manchem haben sie sich um bis zu zehn Prozent verringert." Dennoch würden die kirgisischen Arbeiter weiterhin Geld nach Hause schicken, sagte der Vorsitzende der kirgisischen Diaspora in Italien.

Autor: Aleksandr Tokmakow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz