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Kirgisen protestieren in Gelb

13. Januar 2005

Am 27. Februar wählen die Kirgisen ein neues Parlament. Die Opposition beklagt, dass unbequeme Kandidaten nicht zugelassen werden. Mit Demonstrationen nach ukrainischem Vorbild will sie nun ihre Forderungen durchsetzen.

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Gegen ihn richten sich die Proteste: Präsident Askar AkajewBild: dpa


Bereits seit mehreren Tagen versammeln sich Gegner der kirgisischen Staatsmacht vor dem Parlamentsgebäude zu Kundgebungen. Zu den Protesten kam es, nachdem der ehemaligen kirgisischen Außenministerin und Ko-Vorsitzenden des Bündnisses „Ata schurt“ (Vaterland), Rosa Otunbajewa, die Zulassung als Kandidatin für die Parlamentswahlen am 27. Februar entzogen wurde. Am Montag (10.1.) begründete die Zentrale Wahlkommission des Landes ihre Entscheidung damit, dass Rosa Otunbajewa in den vergangenen zwei Jahren für die UN-Mission in Georgien und Abchasien tätig gewesen sei und somit in den vergangenen fünf Jahren nicht in Kirgisistan gelebt habe, was aber eine der Bedingungen sei, die Abgeordnetenkandidaten zu erfüllen hätten.

Proteste in Gelb und Rosa

Die etwa 150 Demonstranten fordern inzwischen auch den Rücktritt des Präsidenten und der Regierung. Die kirgisische Opposition entschied sich in ihrem Kampf für die Taktik von Wiktor Juschtschenkos Wahlstab. Auch wenn bislang wenig Demonstranten an den Kundgebungen in Bischkek teilnehmen, sieht man sie aber schon von weitem. Die Teilnehmer der Proteste tragen leuchtend gelbe Umhänge, Schals und Bänder. Ihnen schlossen sich inzwischen Aktivisten der „Volksbewegung Kirgisistans“ an, die rosafarbene Schals tragen. Auch sie kritisieren die Entscheidung der Wahlkommission, Rosa Otunbajewa die Zulassung zu entziehen.

Wahlhilfe für Präsidententochter?

Der Abgeordnete Adachan Madumarow, der ebenfalls an der Kundgebung teilnahm, sagte der Deutschen Welle, Otunbajewa sei die Zulassung auf Druck der Staatsmacht, und vor allem auf Druck des Präsidenten entzogen worden. „Alles begann damit, dass Akajew erklärte, die Oppositionskräfte würden hier eine Revolution wie in Georgien oder in der Ukraine durchführen wollen und sie müssten auf ganzer Front bekämpft werden. Aber warum preist Akajew offen und unverfroren eine halbe Stunde lang im Fernsehen seine Tochter als die ehrenhafteste und fortschrittlichste Frau Zentralasiens an? Das ist direkte Wahlwerbung“, betonte Adachan Madumarow. Informationen zufolge beabsichtigt die Präsidententochter Bermet Akajew im selben Wahlkreis wie Rosa Otunbajewa für das Parlament zu kandidieren. Der Abgeordnete Dujschenkul Tschotonow meint, der Fall Otunubajewa sei nur der erste Schritt seitens der Staatsmacht, unbequeme Kandidaten zu verdrängen.

Ausländische Stiftungen im Visier

Präsident Akajew, der bereits mehrmals erklärte, das ukrainische Szenario dürfe in anderen Ländern nicht zum Einsatz kommen, gab jüngst zu verstehen, die gelben Umhänge der Vertreter der Bewegung „Ata schurt“ seien vom Ausland finanziert. Der kirgisische Geheimdienst begann inzwischen intensiv nachzuforschen, über welche Finanzierungskanäle die Opposition verfügt. Eine gutinformierte Quelle im kirgisischen Innenministerium teilte der Deutschen Welle mit, die Leitung des Ministeriums sei beauftragt worden, Geldflüsse internationaler Organisationen, die in Kirgisistan tätig sind, zu verfolgen. Die Quelle betonte auch, dass vor allem die Menschenrechtsorganisation Freedom House und die Soros-Stiftung unter die Lupe genommen werden sollen.

Regierung will Massenunruhen verhindern

Am Dienstag (11.1.) erklärte der kirgisische Premier Nikolaj Tanajew, er befürchte, dass während der Wahl am 27. Februar die öffentliche Ordnung gestört werden könnte. Er teilte mit, dass in diesem Zusammenhang eine spezielle Anti-Terror-Kommission eingerichtet worden sei. Ferner sei eine Regierungsgruppe gebildet worden, die politische Stabilität gewährleisten und Massenunruhen verhindern solle.

Orangefarbene Dollar-Zeichen

Übrigens sind auf Wänden von Häusern, in denen kirgisische Oppositionelle leben, darunter Asimbek Beknasarow und Rosa Otunbajewa, orangefarbene Graffitis in Form des US-Dollar-Zeichens aufgetaucht. Entsprechende Kritzeleien wurden auch auf Gebäuden mehrerer internationaler Organisationen entdeckt. Dort finden sich auch Parolen wie „Nieder mit der Opposition des orangefarbenen Dollars!“. Die Ko-Vorsitzende der Bewegung „Ata schurt“, Rosa Otunbajewa, kritisiert dies als schmutziges politisches Spiel. „Sie kritzeln beispielsweise den Namen Otunbajewa und dahinter ein Dollarzeichen hin. Sie machen aus uns westliche Agenten, die angeblich vom Westen durchgefüttert werden. Und sie denken, das ganze Volk wird sich dann von uns abwenden“, sagte sie. Ihr zufolge sind diejenigen, die eine solche Strategie verfolgen würden, einfach dumm.

Witalij Katargin, Viacheslav Yurin,
DW-RADIO / Russisch, 11.1.2005