Kiew sagt Gipfel in Jalta ab
8. Mai 2012Die Ukraine hat im Streit um den Fall der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko die in Jalta geplante Konferenz europäischer Staatschefs abgesagt. Das teilte das Außenministerium in Kiew mit. Der für den 11. und 12. Mai geplante Gipfel sei wegen der Reiseabsagen einer Reihe europäischer Staatsoberhäupter auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben worden, hieß es. Auch Bundespräsident Joachim Gauck hatte eine Absage mitteilen lassen. Zuletzt war es Bulgariens Präsident Rossen Plewneliew, der auf diese Weise gegen die Haftbedingungen für die im Straflager erkrankte Oppositionsführerin Timoschenko protestierte.
Bei der 18. Konferenz der Staatschefs auf der Halbinsel Krim in der Stadt Jalta am Schwarzen Meer wollten sich Vertreter mittel- und osteuropäischer Staaten zu politischen Gesprächen treffen. Die Ukraine sieht sich auch als Co-Gastgeber der im Juni geplanten Fußball-Europameisterschaft zunehmend in der Kritik. Die EU-Kommission hat geschlossen einen Besuch von EM-Spielen in der Ex-Sowjetrepublik abgelehnt.
Berliner Neurologe betreut Timoschenko
Unterdessen traf erneut ein Arzt der Berliner Charité, der Neurologe Lutz Harms, in der ostukrainischen Charkow ein, um Timoschenkos Verlegung aus der dortigen Haftanstalt zu betreuen. Nach einem Besuch bei Timoschenko in ihrer Gefängniszelle sagte Lutz, es sei die Übereinkunft erzielt worden, Timoschenko am Mittwoch in ein Krankenhaus in Charkow zu verlegen.
Die Politikerin sehe elend aus und habe einen kränklichen Eindruck auf ihn gemacht, sagte Harms. Seiner Einschätzung nach reiche eine rein medikamentöse Behandlung nicht aus. "Der Beginn der Behandlung in einer ukrainischen Einrichtung könnte auch nur der Beginn einer langen Therapie sein", so Harms während einer Pressekonferenz auf dem Gelände der Strafkolonie 54 weiter. Ob eine vollständige Genesung erreicht werden könne, sei aus heutiger Sicht schwer zu sagen.
Timoschenko beendet ihren Hungerstreik
Timoschenko verbüßt derzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen angeblichen Amtsmissbrauchs. Der Westen hält ihre Strafe für politisch motiviert. Laut einem Gutachten der Charité-Professoren Karl Max Einhäupl und Norbert Haas leidet die 51-Jährige unter anderem an einem Bandscheibenvorfall. Timoschenko stimmte einer Behandlung in Charkow nur unter der Bedingung zu, dass sie von Ärzten der Charité betreut würde.
Ihren am 20. April begonnenen Hungerstreik will Timoschenko mit Beginn der Behandlung durch Harms am Mittwoch beenden. Wie ihr Anwalt mitteilte, hat der Mediziner der Politikerin klargemacht, dass eine Fortsetzung des Streiks und eine weitere Nichtbehandlung des Bandscheibenvorfalls zu bleibenden Schäden führen könne.
sti/pg (dapd, dpa, afp)