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Kieler Regierungsbündnis vor dem Aus

15. Juli 2009

Nach monatelangem Streit mit dem Koalitionspartner SPD will die CDU in Schleswig-Holstein den Landtag auflösen und Neuwahlen erreichen. Dazu braucht sie die Stimmen der SPD. Doch die winkt ab.

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CDU-Fraktionschef Wadepfuhl und Regierungschef Carstensen (Foto: AP)
Klare Ansage: Carstensen (rechts) und sein Fraktionschef Wadepfuhl verkünden den Wunsch nach NeuwahlenBild: AP

Ein Paukenschlag wenige Wochen vor der Bundestagswahl: Nach monatelangen Auseinandersetzungen will die CDU in Schleswig-Holstein aus der Koalition mit der SPD aussteigen. Die Landtagsfraktion beschloss am Mittwochabend (15.07.2009) einstimmig auf Vorschlag von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), die Wahlperiode zum 20. Juli vorzeitig zu beenden. Der Landtag soll am 27. September und damit parallel zur Bundestagswahl neu gewählt werden. Der Antrag auf Auflösung des Parlaments soll am Freitag zur Abstimmung gestellt werden. Allerdings werden dazu die Stimmen der SPD benötigt, da die Auflösung mit Zweidrittel-Mehrheit beschlossen werden muss.

SPD lehnt ab

Gerade in der derzeitigen Wirtschaftskrise sei eine starke und geschlossene Regierung unerlässlich, sagte Carstensen. "Die vor uns stehenden Entscheidungen werden angesichts der Wirtschaftsentwicklung nicht einfacher. Angesichts des Verhaltens der SPD unter Führung ihres Landesvorsitzenden Ralf Stegner in den letzten Wochen und Monaten sehe ich keine Perspektive mehr, wie diese Entscheidungen herbeigeführt und auch umgesetzt werden könnten", so Carstensen.

Die schleswig-holsteinische SPD signalisierte am Mittwochabend Ablehnung. SPD-Fraktionsvize Jürgen Weber sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass die SPD dem Ansinnen folgt. Die angegebenen Gründe seien "an den Haaren herbeigezogen". Stegner selbst bekannte sich zum Bündnis mit der CDU in dem Bundesland. Seine Partei stehe zur Koalitionsvereinbarung und zur Koalition, sagte Stegner am Mittwochabend in der ARD.

Auswirkungen jenseits Partei- und Landesgrenzen

Die schleswig-holsteinischen Grünen wollen die CDU-Pläne zur Auflösung des Landtags dagegen unterstützen. "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", hieß es in einer am Mittwochabend verbreiteten Mitteilung der Landesvorsitzenden der Partei.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Wolfgang Bosbach, erwartet nach der Entscheidung der Kieler CDU für eine Neuwahl in Schleswig-Holstein Auswirkungen auf den Bundestagswahlkampf. "Das ist auch ein Signal für Berlin", sagte Bosbach dem Handelsblatt. Die Neuwahl-Entscheidung zeige, dass eine große Koalition auf Dauer keine Lösung sei.

Zoff um Banker

Hintergrund der Eskalation ist die schon lange andauernde Krise zwischen CDU und SPD in Kiel, die jüngst wegen Bonus-Zahlungen an den Chef der HSH-Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, erneut eskaliert war. Ministerpräsident Carstensen hatte der SPD vorgeworfen, von den Bonus-Zahlungen gewusst, sich aber gezielt von der umstrittenen Zahlung distanziert zu haben. Auch in der Haushalts- und Energiepolitik sowie weiteren Bereichen lagen die Regierungspartner zuletzt weit auseinander.

Das Verhältnis zwischen Carstensen und SPD-Landeschef Ralf Stegner gilt schon lange als zerrüttet. In Kiel hatte die CDU bereits mehrfach vorgezogene Neuwahlen ins Gespräch gebracht, was von der SPD jedoch abgelehnt wurde. Die Landtagswahlen würden dort regulär im Mai 2010 stattfinden.

Sechs Landtagswahlen in 2009?

So stand die Koalition schon im September 2007 unmittelbar vor dem Scheitern. Dies wurde damals nur dadurch verhindert, dass Stegner auf Druck der CDU seinen damaligen Posten als Innenminister aufgab. Er wechselte daraufhin auf den Fraktionsvorsitz und löste Lothar Hay ab, der sein Ressort übernahm.

Die Regierung aus CDU und SPD in Schleswig-Holstein ist eines von fünf rot-schwarzen Bündnissen auf Länderebene. Kommt es tatsächlich zu Neuwahlen, wäre dies die sechste Landtagswahl 2009. (rri/gri/dpa/afp/ap)