Kicken als Kunst
Tore schießen unter Militärschutz oder in den Favelas: Künstler spüren in der Ausstellung "Das Spiel hört erst auf, wenn es zu Ende ist" in Berlin den Schattenseiten des Fußballs nach.
Provinz vor, noch ein Tor
Insgesamt 13 internationale Künstler nähern sich in der Schau im Auswärtigen Amt dem Fußball abseits von Starrummel und Vereinslobbyismus - oft mit viel Humor: Álvaro Olmos Torrico aus Bolivien filmte in der Provinz. Vom Fußballspiel selbst ist wenig zu sehen. Olmos porträtiert lieber die Fans vor Radios und Fernsehern, oder die Blaskapelle und die beiden Moderatoren, die aufgedreht kommentieren.
Spiel mit Hindernissen
Auch Simon Gush geht das Thema humorvoll an: Er lässt Immigranten auf einem belgischen Rangierbahnhof kicken. Ständig bleibt der Ball an den Schienen hängen, ein richtiges Spiel ist unmöglich. Die Ausstellung zeigt den ironischen Umgang mit dem Spiel, das normalerweise mit großem Aufwand inszeniert wird. So eröffnet sich ein anderer Blick auf den Fußball, der sich oft so ernst nimmt.
Heimspiel in Shanghai
Zhang Qing inszeniert im wahrsten Sinne des Wortes ein Heimspiel: In einem Mini-Apartment in Shanghai, zwischen Betten und Regalen, versuchen zwei Teams, den Ball in das Tor in der Küche oder im Bad zu befördern. Für die Spieler nur ein Spaß - doch Qings Projekt verweist auf die Enge der Stadt, die Überfüllung und das Verschwinden der Parks.
Kicken für die Emanzipation
Spielen unter Lebensgefahr - so geht es den afghanischen Fußballerinnen, die Lela Ahmadzai seit 2010 begleitet. Soldaten müssen sie beim Training beschützen. "Trotzdem lieben sie das Spielen und leisten Aufklärungsarbeit für Frauenrechte", sagt die Afghanin, die seit 17 Jahren in Deutschland lebt. "Frauen in Afghanistan haben wenig Bewegung, aber dadurch werden sie inspiriert, Sport zu machen."
Das Geheimnis des Spiels
Zeitlupe, Zooms, hunderte Kameras. So versuchen Medien heute, den perfekten Moment beim Fußball einzufangen. Ein erfolgloses Unterfangen, glaubt Künstler Michael Wesely: Um das Geheimnis zu wahren, passt er die Belichtungszeit der Spieldauer an. Und er widmet sich nach dem Spiel auch den Fans, wie hier nach dem Championsleague-Finale zwischen FC Bayern und FC Chelsea 2012.
Einfach nur dabei sein
"Dabei sein ist alles" - damit trösten sich die Verlierer. Doch für die meisten zählt eigentlich nur der Sieg. Für die Peruaner wäre es schon ein Traum, tatsächlich einmal bei einer WM dabei zu sein. Seit 30 Jahren hat ihre Mannschaft es nicht in die Qualifikation geschafft. Diesen Traum visualisierte Fernando Gutierrez mit seinem Werk "Schluss mit der Realität! Wir wollen eine Utopie".
Von der Schönheit eines Fouls
Ein Straßenfest? Eine Blumenwiese? Die abstrakten Bilder von Muu Blanco wirken farbenfroh und fröhlich - dabei zeigen sie Szenen der Gewalt mitten auf dem Spielfeld. Der Venezolaner verfremdete Fotografien von Fouls, bis die eigentliche Tat kaum mehr zu erkennen ist. Wer aber darum weiß, fragt sich: Darf man Gewalt schön finden?
Der Ball im Abseits
Bei dem chilenischen Künstler Gianfranco Foschino gerät der Fußball schließlich vollends zur Nebensache. Statt in ein Stadion zu gehen, filmte Foschino in einem kleinen Dorf. Die Kinder in seiner Videoarbeit "The Kids & The Axe" beschäftigen sich nur kurz mit dem Ball, dann gibt es Wichtigeres zu tun: Holzhacken. Der Ball bleibt im Staub liegen, vom Betrachter leicht zu übersehen.
Von Südamerika nach Deutschland
Die Schau "Das Spiel hört erst auf, wenn es zu Ende ist" tourte durch Südamerika, jetzt ist sie in Berlin zu sehen. Eröffnet wurde sie bei der Verleihung des Preises "Deutscher Fußballbotschafter". Der geht dieses Jahr an Monika Staab. Ähnlich wie Lela Ahmadzai interessiert sie sich vor allem für den Frauenfußball in anderen Ländern: Im Augenblick trainiert Staab die Frauenmannschaft von Katar.
"Fußball ist keine Kunst", sagt Alfons Hug, Leiter des Goethe-Instituts von Rio de Janeiro. Trotzdem hat er die Ausstellung "Das Spiel hört erst auf, wenn es zu Ende ist" kuratiert. Hier steht der Sport als Symbol für die Gesellschaft, soll zum Nachdenken anregen. Wie das Projekt von Mauricio Dias und Walter Riedweg: In Rio zeigen sie Kinder beim nächtlichen Kick in der Favela statt WM-Vorfreude.