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Keiner mag die "Grande Nation"

9. August 2002

Sie galt als Frankreichs Chance, der Welt die "Große Nation" in vollem Glanz zu präsentieren: die Expo 2004 bei Paris. Kaum ein Land will jedoch daran teilnehmen. Darum hat die Regierung die Ausstellung abgesagt.

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Die Expo 2000 in Hannover: Finanz-Fiasko und Warnung für FrankreichBild: AP

Von 80 eingeladenen Ländern hätten nur vier ihre Beteiligung zugesagt, zitierte "Le Figaro" am Donnerstag aus einem Gutachten für die Regierung. Frankreichs neuer Premierminister Jean-Pierre Raffarin zog deshalb die Notbremse: Weil es im Ausland praktisch kein Interesse an der Expo gebe, werde das Land keine Weltausstellung ausrichten.

Die geplante Ausstellung in Seine-Saint-Denis nördlich von Paris sollte mit einem Budget von 395 Millionen Euro deutlich geringere Dimensionen haben als Hannover, wo im Sommer 2000 nur knapp 18 Millionen statt der vorhergesagten 40 Millionen Besucher kamen. Das Expo-Defizit summierte sich dort schließlich auf 1,1 Milliarden Euro. Auch Lissabon 1998 und Sevilla 1992 waren Zuschussgeschäfte.

Erste Vorbereitungen waren voriges Jahr begonnen, als man ein Organisationskomitee ins Leben rief. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac ernannte die frühere Kulturministerin Catherine Trautmann zur Expo-Generalsekretärin. Die Gestaltung des 25 Hektar großen Geländes wurde dem Schweizer Architekten Bernard Tschumi anvertraut, der auch den Kulturpark "La Villette" im 19. Pariser Arrondissement entworfen hat. Die Organisatoren erwarteten die Teilnahme von rund 90 Nationen und 8,5 Millionen Besucher bei dem Prestige- Projekt zum Thema "Bilderwelten". Erst am 25. Juni hatte Trautmann die architektonischen Planungen öffentlich vorgestellt.

Finanzielle Risiken

Raffarin erklärte am Mittwochabend, die finanziellen Risiken der Ausstellung seien nicht abgesichert. Zudem sei das Geld bislang in keinem Haushalt eingeplant worden. Die Weltausstellung zum Thema "Bilder" - ein Projekt der abgewählten Regierung von Lionel Jospin -sollte vom 7. Mai bis 7. August 2004 auf einem 25 Hektar großen Gelände nahe dem Stadion "Stade de France" und dem Flughafen Le Bourget statt finden.

Die Kommunalpolitiker im betroffenen Departement sind entsetzt: Von der ersten Expo in Frankreich seit 1937 – zuvor hatte es 1900 eine Weltausstellung in Paris gegeben - hatten sie sich wesentliche Impulse für den Tourismus und Tausende neue Arbeitsplätze erhofft. Marie George Buffet, Vorsitzende der Kommunistischen Partei und Abgeordnete von Seine-Saint-Denis, kritisierte die Absage Raffarins. Es schade dem Ansehen Frankreichs, wenn eingegangene Verpflichtungen nicht wahrgenommen würden.

Trostpflaster

Für die Region hält der Premierminister einen kleinen Trost parat: Um die Hoffnung auf neue Impulse dort nicht vollends zu enttäuschen, kündigte er an, das nördlich von Paris gelegene Luft- und Raumfahrtmuseum in Bourget renovieren zu lassen. Dieses Projekt sei nicht nur überschaubar und finanzpolitisch sinnvoll, sondern trage auch zur wirtschaftlichen Entwicklung der Ile-de-France bei. Ein Ersatz für eine Expo ist es freilich nicht.

Die Geschichte der Weltausstellungen begann 1851 in London. Während die ersten Expos noch der beginnenden Industrialisierung huldigten, entwickelten sie sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr zu kulturellen Großveranstaltungen mit Unterhaltungscharakter. Sie lockten das Publikum mit spektakulären Bauwerken: 1889 der Eiffelturm in Paris, 1958 das Atomium in Brüssel. Die für die Weltausstellungen errichteten Gebäude übten oft großen Einfluss auf die moderne Architektur aus.

Die nächste Expo soll 2005 im japanischen Aichi organisiert werden. Thema: "Die Weisheit der Natur". (mas)