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Ökostrom aus Nordafrika?

Die Fragen stellte Richard A. Fuchs30. April 2007

Deutschland will Ökostrom aus Nordafrika importieren. Richard Fuchs hat mit der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumwelt-Ministerium Astrid Klug über afrikanischen Strom in deutschen Steckdosen gesprochen.

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Astrid Klug (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im BundesumweltministeriumBild: picture-alliance/dpa

DW-WORLD.DE: Windparks und Solarkraftwerke in Nordafrika könnten Europa in Zukunft mit sauberem Strom versorgen. Welche Hürden gibt es noch, bis tatsächlich marokkanischer Strom nach Deutschland fließt?

Astrid Klug: Die wichtigste Hürde ist sicherlich noch der Stromtransport. Wir müssen von Nordafrika nach Europa ein funktionierendes Netz aufbauen, das dann auch aufeinander abgestimmt wird. Wir diskutieren gerade auf europäischer Ebene darüber.

Wie weit sind die Verhandlungen?

Wir müssen bald einen Vertrag für den Bau des Netzes abschließen. Einige Länder Nordafrikas arbeiten daran eng mit Italien zusammen, wo die Vorbereitungen laufen.

Wenn das Netz steht, dann muss man es auch für afrikanischen Ökostrom öffnen. Wird das von europäischer Seite aus Probleme machen?

Nein, wir haben uns ja entschieden, dass wir den Anteil Erneuerbarer Energien an unserem Energiebedarf in Europa deutlich erhöhen – bis zum Jahr 2020 auf 20 Prozent. Wenn wir Klimaschutz ernst nehmen, dann brauchen wir die Erneuerbaren, und in Nordafrika kann man sowohl aus Sonne als auch aus Wind Strom wesentlich effektiver produzieren als hier in Europa. Nur mit Nordafrika können wir eine nachhaltige Energieversorgung in Europa organisieren – ganz im Sinne unserer Energie-Strategie.

Der Vorstandsvorsitzende der Energie Baden-Württemberg, Utz Claassen, plädiert für Ökostrom aus Nordafrika und will die unrentable Förderung Erneuerbarer Energien in Deutschland einstellen. Lassen sich Europa und Nordafrika gegeneinander ausspielen?

Ich glaube das wäre ein großer Fehler, denn wir werden in Nordafrika nur deshalb grünen Strom produzieren können, weil wir hier in Deutschland mit unserem Erneuerbaren Energien-Gesetz die Vorleistung erbracht haben. Erst dadurch konnte die notwendige Technologie entwickelt werden.

Und für diese moderne Technologie aus Europa suchen wir jetzt neue Absatzmärkte in Nordafrika?

Es ist nicht verwerflich, mit einer nachhaltigen Energie auch zu versuchen, Geld zu verdienen und Beschäftigung zur organisieren. Ganz im Gegenteil, dadurch schlagen wir mehrere Fliegen mit einer Klappe. Wir schaffen Beschäftigung in Deutschland. Und gleichzeitig sind wir Teil der Lösung des globalen Klimaproblems. Was Besseres kann es eigentlich gar nicht geben.

Hat aus Nordafrika eigentlich auch schon jemand nachgefragt, wie man so ein Erneuerbare-Energien-Gesetz macht?

Ja, mittlerweile ist dieses Gesetz selbst zu einem Exportschlager geworden, also nicht nur die deutsche Wind- und Solar-Technologie ist ein Exportschlager. Fast 50 Staaten weltweit haben die Einspeisevergütung für Erneuerbare Energie übernommen oder kopiert. Und das nur, weil sie gesehen haben, dass es das fortschrittlichste und erfolgreichste Instrument ist.

Die EU möchte auch in ihren Nachbarstaaten Klimaschutz zu einem Top-Thema machen. Dafür werden gemeinsame Minister-Konferenzen mit Nordafrika organisiert und Pilotprojekte in Nordafrika gestartet. Wirkt das nicht vielleicht wie ein bisschen grüner Umwelt-Kolonialismus auf die Nordafrikaner?

Mein Eindruck ist, dass die Botschaft so ankommt wie sie ankommen soll. Das zeigt auch das große Interesse, das Nordafrika gerade an Erneuerbarer Energie und Energieeffizienz zeigt.

Also Keine Zeigefinger-Politik: Macht bitte nicht die gleichen Fehler wie wir in Europa?

Wir machen das nicht mit dem Zeigerfinger, aber natürlich wollen wir mithelfen, dass andere unsere Fehler nicht wiederholen. Und zwar in ihrem Interesse, nicht in erster Linie in unserem Interesse. Das funktioniert nicht mit dem Zeigefinger, sondern nur durch Kooperation. Und ich glaube, das wird auch an uns geschätzt.

Eine Prognose zum Schluss: wann kommt jetzt der erste Ökostrom aus Nordafrika aus deutschen Steckdosen?

Das wird sicherlich noch einige Jahre dauern. Aber an uns soll es nicht scheitern. Wir machen weiter Tempo.

Astrid Klug ist seit 2005 Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium. Die SPD-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Homburg ist seit 2002 Mitglied des Bundestages.