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Keine Spur von den Gefangenen

Peter Philipp25. Juli 2003

Der Tod der Hussein-Söhne zeigt: Die Fahndung der US-Soldaten nach Mitgliedern des irakischen Ex-Regimes ist erfolgreich. Mehr als zwei Drittel sind gefasst. Über deren Haftbedingungen gibt es aber kaum Informationen.

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Gefangene Iraker bei NajafBild: AP

Der ehemalige irakische Informationsminister, Muhamed al-Sahhaf, hatte sicher mehr Glück als in seinen kühnsten Träumen erwartet: Nach dem Fall Bagdads tauchte er bei Verwandten unter und erst als endgültig feststand, dass die Amerikaner "Comical Ali" – wie Sahhaf von vielen Korrespondenten genannt wurde – nicht in das "Kartenspiel" der meistgesuchten Iraker aufnehmen wollen, da wagte er sich aus dem Versteck hervor: Ein kurzes Interview mit dem amerikanischen Militär, dann durfte er nach Hause gehen.

Glück gehabt

Der irakische Informationsminister Muhammad Said al-Sahhaf vor Vertretern der Presse
Hat das Zeug zum Fernsehstar: Muhamed Said al-SahhafBild: AP

Mehr als die Amerikaner interessierten sich unterdessen die arabischen Medien für Sahhaf: Nachdem er inzwischen ausreisen durfte, hofft er nun auf eine neue Karriere als Fernsehmoderator in den Golfstaaten. Hauptgrund für diesen unerwarteten Neuanfang ist wohl, dass die Amerikaner den Ex-Minister nicht ernst nehmen.

Sonst ginge es Sahhaf heute sicher nicht anders als den übrigen Mitgliedern des abgesetzten Regimes, die von den US-Streitkräften bisher festgenommen wurden und die bisher in Isolationshaft gehalten werden – wahrscheinlich in verschiedenen Armee-Lagern, vielleicht aber auch längst schon an bisher unbekannten Orten im Ausland.

Gefangene Regime-Mitglieder spurlos verschwunden

Tarik Asis
Spurlos: Tariq AzizBild: AP

Immerhin sind bisher über zwei Drittel der Topleute aus dem Fahndungs-Kartenspiel gefasst. Ihr Aufenthaltsort wird von den US-Militärs geheimgehalten und es fehlt jede Spur von ihnen. Unter ihnen sind üble Henkersknechte Saddam Husseins, aber auch so respektierte Personen wie der ehemalige Außenminister Tariq Aziz, der bei den Großen dieser Welt ein und aus ging und heute vielleicht in einem Wüstencamp festsitzt.

Außer den steckbrieflich gesuchten "Größen" des alten Regimes sind aber auch andere Leute verschwunden, deren frühere Funktion für die Amerikaner von Interesse war. Zum Beispiel der – mit einer Deutschen verheiratete – führende Rüstungs-Wissenschaftler Amer el Saadi. Kurz nach dem Fall Bagdads stellte er sich mit Hilfe des deutschen ZDF-Korrespondenten den Amerikanern und seitdem fehlt jede Spur von ihm. Eingaben seiner Frau an die Amerikaner blieben ohne Antwort und auch das Internationale Rote Kreuz hat keine Informationen über seinen Verbleib.

Menschenrechtlich bedenklich

Das ist nicht überraschend, denn das IKRK wird von den Amerikanern nicht zu den inhaftierten Mitgliedern des Saddam-Regimes vorgelassen, ebensowenig zu den Wissenschaftlern. Die Rotkreuz-Vertreter dürfen lediglich Internierungslager besuchen, in denen Kriegsgefangene sitzen. Deren Zahl ist jedoch stark rückläufig. Offiziell hatte es in den Monaten April und Mai 8.992 Kriegsgefangene in 19 Lagern gegeben, Ende Mai waren bereits gut zwei Drittel der Gefangenen freigelassen worden. Nach neuerlichen Festnahmen durch die Koalitionsstreitkräfte steigt die Zahl inzwischen wieder leicht an, besonders in der Gegend von Bagdad und bei Um Qasr im Süden.

Während diese Häftlinge vom Roten Kreuz besucht werden dürfen, gelten für Wissenschaftler und alte Regime-Angehörige andere "Haftbedingungen". Diese könnten noch strikter und unter dem Menschenrechts-Aspekt noch bedenklicher sein als die der Gefangenen in Guantanamó. Der Aufenthaltsort der Afghanistan-Häftlinge auf Kuba ist immerhin bekannt und das Rote Kreuz hat Zugangsrechte. So sind angesichts der Tatsache, dass das Verhalten der USA gegenüber den Häftlingen auf Guantanamó stark kritisiert wird, um so stärkere Proteste gegen den Umgang mit den Irak-Gefangenen zu erwarten.