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Keine Lust auf Einkauf

Klaudia Prevezanos28. August 2002

Dem deutschen Einzelhandel geht es so schlecht wie seit langem nicht mehr. Schuld an der mangelnden Kauflust ist vor allem die schwache Konjunktur. Die Bundestagswahlen sollen bald die Stimmung heben.

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Kaufen oder liegen lassen - das ist bei vielen Kunden zurzeit die FrageBild: Bilderbox

Konsumstreik im Kaufhaus – auch KarstadtQuelle, der größte deutsche Warenhauskonzern, ist von der Flaute im Einzelhandel massiv betroffen. Tiefrote Zahlen legte das Unternehmen Ende August für das erste Halbjahr 2002 vor. Weiterer Stellenabbau und andere Sparmaßnahmen werden nicht ausgeschlossen. Seit Beginn des Jahres hat KarstadtQuelle die Zahl seiner Mitarbeiter bereits um 7700 auf 104.500 verringert. Der Konzernumsatz ging im ersten Halbjahr 2002 um 3,1 Prozent auf 7,36 Milliarden Euro zurück. In Warenhäusern und Fachgeschäften waren es sogar fast zehn Prozent. Der Verlust verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahr auf 348 Millionen Euro.

KarstadtQuelle ist mit dieser Entwicklung nicht allein: Eine schwache Konjunktur, steigende Arbeitslosenzahlen und eine allgemein schlechte Wirtschaftsstimmung haben die Kauflust der Verbraucher kräftig gedämpft. Laut Statistischem Bundesamt hat der Einzelhandel in den ersten sechs Monaten real 3,7 Prozent weniger umgesetzt als im ersten Halbjahr zuvor. Damit geht der Umsatz seit vergangenem Dezember sieben Monate in Folge zurück. Das hat es nach Angaben des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) seit über 50 Jahren nicht gegeben.

Geschäfte machen still und leise zu

Auch bei den Insolvenzen im Einzelhandel wird es laut HDE mit bis zu 8000 Unternehmenspleiten einen neuen traurigen Rekord geben. Sonst lagen die Zahlen bei 5500. "Zahlungsunfähige Unternehmen spielen in unserer Branche aber keine so große Rolle, wie in der Industrie. Wir haben vor allem Läden, die still und leise zumachen", sagt Robert Weitz, Chefvolkswirt des HDE, im Gespräch mit DW-WORLD. Über 100.000 Gewerbeabmeldungen werde es in diesem Jahr geben – im Vergleich zu sonst rund 90.000. Davon wiederum sind laut Weitz 25 bis 30 Prozent tatsächlich zugemachte Geschäfte. Der Rest seien Ab- und wieder Anmeldungen, weil Inhaber oder Standort des Geschäfts geändert wurden.

Wie viele Arbeitsplätze die Flaute im Einzelhandel kosten wird, ist noch nicht sicher. "Wir rechnen jedoch damit, dass zwei Prozent des Arbeitsvolumens wegfallen. Das sind etwa 5000 Stellen", sagt Weitz. In den Vorjahren lag das Minus bei der Arbeitsmenge hingegen bei rund einem Prozent. Bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Grossbetriebe des Einzelhandels (BAG) erwartet man hingegen einen Abbau von 30.000 Stellen.

Wahlen sollen die Stimmung heben

Bessere Umsatzzahlen verspricht sich der Einzelhandel vom zweiten Halbjahr 2002. Vor allem im vierten Quartal soll sich wie jedes Jahr das Weihnachtsgeschäft positiv auf den Gewinn auswirken. Hinzu kommt nach Meinung von Chefvolkswirt Weitz, dass durch Lohnerhöhungen in fast allen Branchen das verfügbare Einkommen bei den Verbrauchern gestiegen sei. Auch die Debatte um Preiserhöhungen im Zuge der Euro-Umstellungen verliere an Einfluss auf das Kaufverhalten. "Wir gehen zudem davon aus, dass sich die Bundestagswahlen günstig auf die Stimmung auswirken", sagt Weitz. "Beide großen Parteien haben Wirtschaftsreformen angekündigt."

Eine Belebung der Konjunktur und stärkeres Wirtschaftswachstum sind laut BAG und HDE das Wichtigste, um die Probleme der Branche zu lösen. Aber auch der Einzelhandel muss sich nach Ansicht des HDE-Chefvolkswirts etwas einfallen lassen: "Ständige Rabattaktionen reichen nicht aus, um beim Verbraucher anzukommen", sagt Weitz.