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Rüstungsexporteur Nr. 1

18. Januar 2010

Deutschland ist einer der größten Rüstungsexporteure weltweit, rühmt sich aber gleichzeitig, die Genehmigungen restriktiv zu handhaben.

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Ein "Fuchs"-Spürpanzer der deutschen Bundeswehr im deutschen Feldlager "Camp Warehouse" in Kabul (Archivbild 2004: dpa)
Deutsche Panzer - ein Renner im AuslandBild: picture-alliance/ ZB

Deutschlands Rüstungsindustrie hat eine gute Zeit hinter sich. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Wert deutscher Rüstungsexporte fast verdoppelt, rechnete das Stockholmer Friedensinstitut "SIPRI" im vergangenen Jahr aus. Genau lasse sich die Zahl aber nicht beziffern, sagt Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit. "Die Bundesrepublik hat in den vergangenen zwei Jahren immer so zwischen acht und neun Milliarden Euro Ausfuhren genehmigt. Das heißt nicht, dass acht bis neun Milliarden exportiert wurden. Wir berichten immer nur über die Genehmigungen. Damit ist die Bundesrepublik aber sicher in der Führungsgruppe der größten Rüstungsexporteure auf diesem Globus", so Nassauer. Ob das Platz drei, vier fünf oder sechs sei, hänge davon ab, welche Statistik man ansehe und wie diese Statistik erstellt worden sei.

Verschärfen deutsche Rüstungsexporte Konflikte?

Immer wieder steht die Bundesrepublik deshalb in der Kritik, denn auf der Liste der Empfänger stehen auch Länder, die in Konflikte verwickelt sind wie etwa Pakistan oder Israel, die in den vergangenen Jahren beide größere Aufträge für U-Boote an die deutsche Industrie vergeben haben. Die "Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung" legt jedes Jahr einen Rüstungsexportbericht vor, in dem sie solche Fälle auflistet. Prälat Karl Jüsten von der katholischen Kirche kritisiert die deutschen Rüstungslieferungen. "Wer regionalen Rüstungsspiralen im Nahen und Mittleren Osten, in Süd- und Südostasien oder im südlichen Amerika entgegentreten will, sollte mit Rüstungsgeschäften nicht noch deren Dynamik antreiben."

Infografik Deutsche Rüstungsexporte 2008 (Grafik: DW/ Olof Pock)
Die meisten Exporte gehen nach Asien und in die Arabische Welt

Kriegswaffen, also etwa Panzer und Gewehre, dürfen nur exportiert werden, wenn es ausdrücklich erlaubt wurde. Bei Geräten, die nicht direkt als Waffen eingesetzt werden oder die auch zivil genutzt werden können, Schiffsmotoren etwa, gelten liberalere Regelungen. Die Entscheidung, ob etwas erlaubt oder verboten wird, hängt jeweils von vielen Einschätzungen ab: Da sind nicht nur die technischen Fragen - wozu genau das Exportgut genutzt werden kann. Es geht auch um die Lage im Land: Können die Güter bestehende Konflikte verschärfen oder genutzt werden, um Menschenrechte zu verletzen, ist die Frage, die bewertet werden muss.

Lobby versucht Rüstungspolitik zu lenken

Und genau um diese Fragen geht es auch in dem Korruptionsprozess um den Waffenlobbyisten Karl-Heinz-Schreiber und seine Geschäfte mit der Regierung Kohl in den 1990er-Jahren. "Letztlich ist immer die politische Ebene für die Entscheidung verantwortlich", meint Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit. "Und gerade bei umstrittenen Fällen versuchen Firmen natürlich immer wieder mal, die zuständigen Ministerien und zuständigen Leute in den Ministerien insbesondere auf der politischen Ebene dazu zu bewegen, dass die eine ihnen gewogene Entscheidung fällen." Und dabei spielten immer wieder auch Lobbyisten eine Rolle wie Karlheinz Schreiber oder andere Vermittler.

Im internationalen und europäischen Vergleich gehört Deutschland dennoch eher zu den restriktiveren Exporteuren. Obwohl sich die Länder der Europäischen Union verpflichtet haben, gemeinsame Standards für Rüstungsexporte einzuhalten, werden Genehmigungen recht unterschiedlich gehandhabt. Transnationale Konzerne wie zum Beispiel EADS wickeln ihre Geschäfte dann oft einfach über die Länder ab, die es nicht so genau nehmen.

Autor: Matthias Bölinger
Redaktion: Nicole Scherschun