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Glaube

Keine Erfolgsgeschichte

18. November 2016

Gott ist die Liebe – Pater Hans Peters SVD erinnert im Beitrag der katholischen Kirche an Christkönig, ein paradoxes Fest für irdische Maßstäbe: Christus, glanzvoller König und zugleich erniedrigt am Kreuz?

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Christkönig: Nicht Prunk und goldenes Geschmeide zeichnen Jesus als König aus, sondern Leid und Dornenkrone.Bild: pixabay.com

Ein krönender Abschluss sieht anders aus, so möchte man angesichts des letzten Sonntags im Kirchenjahr meinen: Christkönig. In der Tat, widersprüchlicher geht es nicht: ein König, jedoch verurteilt, gekreuzigt, „König der Juden“ – so steht es als Urteilsbegründung über ihm am Kreuz (Lk 23,35-43). Und fast sieht es so aus, als würde alles, was im vergangenen Kirchenjahr verkündigt, gefeiert, gelebt wurde, in diesem Fest zusammengefasst und auf den Punkt gebracht: Christus König – am Kreuz.

„Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen, wenn er der erwählte Messias Gottes ist“, so Worte derer, die dabeistanden. Soll er doch zeigen, was er kann, der Messias Gottes. Schließlich ist sich doch jeder selbst der Nächste: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Und wenn schon König, dann nutze es aus für dich. So tun es ja alle: Was ich habe, ist in erster Linie für mich, damit ich durchkomme. Denn keiner hilft mir, keiner tut etwas für mich. Jeder muss sehen, dass er durchkommt.

Kein normaler König

Was hier am Kreuz zu sehen ist, das alles sieht nicht nach König aus. Aber gerade so, in diesem nicht normalen König, wird uns am Ende des Kirchenjahres so etwas wie ein Schlüssel gereicht, um alles zu verstehen, um ihn zu verstehen, so das denn überhaupt möglich ist. Spätestens hier wird deutlich, was der christliche Glaube in seinem innersten Kern ist, eben „…keine ungebrochene Erfolgsgeschichte, keine Siegergeschichte nach unseren Maßstäben. Sie ist vielmehr eine Leidensgeschichte, und nur in ihr und durch sie hindurch können wir Christen von jenem Glück und jener Freude, von jener Freiheit und jenem Frieden sprechen, die der Sohn uns in seiner Botschaft von „Vater“ und vom „Reich Gottes“ verheißen hat“1. Dieser Leidensgeschichte treu zu bleiben, darum geht es mehr denn je in einer Zeit, in der wir mit Gewalt im Namen missbrauchter Religion so erschreckend konfrontiert werden. Wir geben damit der Ohnmacht Raum, der Ohnmacht, die mit der Liebe einhergeht, weil die Liebe die Gewalt nicht kennt.

Was hier am Kreuz, im Gekreuzigten geschieht, das war doch sein ganzes Leben: nicht sich selbst zu helfen; nicht sich selbst und seine Rettung an die erste Stelle zu stellen; diesen Gott nicht für sich und seinen Erfolg und sein Durchkommen zu missbrauchen. Er setzte vielmehr auf die freie Entscheidung derer, die ihm nachfolgen wollen. Eine Religion, der es nicht um ihre eigene Durchsetzung mit allen Mitteln geht, sondern eine Religion der Liebe, die den Menschen in seiner Freiheit und Würde achtet, die auch die Freiheit derer achtet, die sich gegen ihn entschieden oder einfach nichts von ihm wissen wollen, das ist mit ihm zu haben.

Nicht Herrschaft, sondern Solidarität

Diesem Gott geht es nicht darum, über die Menschen zu herrschen, sondern mit ihnen solidarisch zu sein, immer mit dem Risiko, dass es daneben geht. Ihm geht es um die menschliche Freiheit. Er überbietet diese sogar: in der Freiheit der Liebe – freiwillig die Konsequenzen menschlicher Freiheit ausleiden, bis zum Schluss der Versuchung der Machtausübung widerstehen, damit der Mensch sich nur von einem überzeugen lässt: von der machtlosen zweckfreien Liebe, die liebt, weil sie nur lieben kann. Diesem Gott geht es nicht um sich selbst im Sinne größtmöglicher Vermehrung seiner Anhängerschaft, um Macht auszuüben, sondern darum, dass sich seine Anhänger von dieser Liebe ohne Nebenabsichten in voller Freiheit anziehen lassen, in reiner beglückender Zustimmung. Zustimmung nur, weil diese Liebe attraktiv ist, ja anziehend ist, wie er selbst einmal gesagt hat: „Wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen“ (Joh 12,32) – allein durch die Kraft der Liebe, ohne Nebenabsichten. Die Liebe liebt, weil sie nur lieben kann, in aller Ohnmacht. In heutiger Gemengelage von Religion ist dieses Gottesbild entscheidend: nur so wird der Mensch nicht instrumentalisiert für welche Zwecke auch immer, nur so wird deutlich, was es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, wie es in Artikel 1 des Grundgesetzes heißt. Gegründet ist das alles in einem Gott, von dem Frère Roger von Taizé einmal in seiner für ihn so typischen Einfachheit sagt: „Gott kann nur lieben“.

Christkönig, der König am Kreuz, der Schlüssel um alles zu verstehen, Gott ist die Liebe – nichts anderes, nicht mehr und nicht weniger. Das ist der krönende Abschluss -– jetzt am Ende des Kirchenjahres, und das wird der krönende Abschluss sein -  in Ewigkeit.

1 Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, Beschluss Unsere Hoffnung, in: Offizielle Gesamtausgabe, Bd. 1, Freiburg i. Brsg. 2001, S. 89.

 

Pater Hans Peters SVD, Steyler Missionar, Goch
Bild: DBK

Pater Hans Peters SVD gehört seit 1967 dem Orden der Steyler Missionare an, in dem er in vielen verschiedenen Funktionen gewirkt hat und bis heute wirkt, unter anderem in der Jugendarbeit, als Novizenmeister und im Rektorat des Missionshauses St. Michael in Steyl (Niederlande). Seit 2008 arbeitet der gefragte Seelsorger und Lebensberater als Wallfahrtsseelsorger in Goch am Niederrhein. Seit 1994 schreibt er regelmäßig für die christliche Familienzeitschrift „Stadt Gottes“.

Kirchliche Verantwortung: Dr. Silvia Becker, Katholische Hörfunkbeauftragte und Alfred Herrmann