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Keine Einigung über Iraks Grundgesetz

29. Februar 2004

In Irak verzögert sich die Verabschiedung einer Übergangsverfassung. Der von den USA eingesetzte Regierungsrat in Bagdad konnte sich weder über den künftigen Status des Islam noch über die Machtverteilung einigen.

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Uneinigkeit herrscht bei den Mitgliedern des RegierungsratsBild: AP


Der von den USA eingesetzte irakische Regierungsrat hat sich nicht in der vorgesehenen Frist auf eine neue Verfassung einigen können. Bei Beratungen bis Samstagnacht seien keine Beschlüsse gefasst worden, teilte Ratsmitglied Adnan Patschatschi in Bagdad mit. Die Verhandlungen wurden am Sonntag (29.2.2004) fortgesetzt. Aus Kreisen der Besatzungstruppen verlautete, der Regierungsrat hoffe, in den kommenden Tagen eine Übergangsverfassung verabschieden zu können.

Kein Ergebnis vor Mitte kommender Woche

Es wurde nicht mehr damit gerechnet, dass die provisorische Verfassung vor Mittwoch unterzeichnet würde. Als offiziellen Grund für den Aufschub nannte ein Vertreter der US-geführten Besatzungsmacht das schiitische Trauerfest Aschura, das erst am Mittwoch zu Ende geht. Es sei "unpassend, eine offizielle Zeremonie vor dem Ende von Aschura abzuhalten", sagte der Vertreter. Er gehe jedoch davon aus, dass die Beratungen über den Verfassungstext noch im Laufe des Sonntags abgeschlossen werden könnten.

Der Streit gefährdet den Zeitplan Washingtons für den Machttransfer an die Iraker; die Übergangsverfassung soll bis zur Abhaltung von allgemeinen Wahlen gültig sein. Bis zum frühen Sonntagmorgen hatten die Ratsmitglieder vergeblich versucht, die teilweise weit auseinander gehenden Positionen einander anzunähern.

Rolle des Islam und Machtverteilung ungeklärt

In der Verzögerung kommen tiefe Meinungsunterschiede in der Frage der künftigen Machtverteilung und zur gesellschaftlichen Rolle des Islams zum Ausdruck. Ungeklärt blieben nach Angaben aus Verhandlungskreisen der Stellenwert des islamischen Rechts - der Scharia - für die provisorische Verfassung, die Frage, wieviel Autonomie den Kurdengebieten im Norden des Landes zugestanden wird, sowie die Rechte der Frauen. Auch auf einen Modus zur Bestimmung der neuen Übergangsregierung konnten sich die 25 Ratsmitglieder nicht einigen.

Auslöser für den Streit zwischen säkulären und religiösen Ratsmitgliedern war vor allem auch die Verabschiedung des Familienrechts, das als eines der fortschrittlichsten in der arabischen Welt gilt. Unter dem Protest des religiös-konservativen Lagers hatte der Rat am Freitag den aus dem Jahr 1959 stammenden Rechtskodex mit 15 von 25 Stimmen wieder in Kraft gesetzt.

Bremer wartet auf Entscheidung

Der Verfassungsentwurf sollte ursprünglich noch am Samstag verabschiedet und US-Verwalter Paul Bremer vorgelegt werden. Die US-Besatzungsmacht will die politische Verantwortung für das Land zum 30. Juni an die Iraker übergeben. Die Übergangsverfassung soll als Grundlage dafür dienen und bis zum nächsten Jahr in Kraft bleiben. Dann soll eine dauerhafte Verfassung verabschiedet werden. (ali)