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Scientology-Verbot vom Tisch

21. November 2008

Die Scientolgy-Organisation muss nicht mit einem Ermittlungsverfahren rechnen. Die Innenministerkonferenz entschied sich auf ihrer Herbsttagung gegen einen solchen Schritt.

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Die Hauptstadt-Niederlassung der umstrittenen Scientology-Organisation in Berlin
Die Hauptstadt-Niederlassung der umstrittenen Scientology-Organisation in BerlinBild: picture-alliance/ dpa

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble wird kein Verbotsverfahren gegen die umstrittene Scientology-Organisation einleiten. Die Innenminister von Bund und Ländern verständigten sich auf ihrer Herbsttagung am Freitag (21.11.2008) in Potsdam darauf, keine vereinsrechtlichen Schritte gegen die vom Verfassungsschutz beobachtete Vereinigung in Gang zu setzen. "Bevor wir ein Ermittlungsverfahren einleiten, brauchen wir tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass eine Verfassungswidrigkeit vorliegt", sagte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, August Hanning. Die Verfassungsschutzämter seien überwiegend der Ansicht, dass es diese Anhaltspunkte nicht gebe.

Prüfauftrag erging vor einem Jahr

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
Bundesinnenminister Wolfgang SchäubleBild: picture-alliance/ dpa

Die Innenminister der Bundesländer hatten Ende 2007 die Verfassungsschützer damit beauftragt, die Aussichten eines vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen die Scientology-Organisation zu überprüfen. Von dieser Sekte gehe ein hohes Risiko aus, hatte der damalige bayerische Ressortchef Joachim Herrmann den Vorstoß begründet. Der Verfassungsschutz solle prüfen, ob ein Verbot machbar sei.

Doch wirklich fündig wurden die Ämter nicht. In einem Mitte des Jahres vorgelegten Bericht warnen sie vor einem nicht unerheblichen Prozessrisiko. Ein Scheitern sei nicht auszuschließen und könne zu einem Ansehensverlust der beteiligten Stellen führen, zitiert das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" das Papier. Der Nachweis einer umfassenden totalen Fremdsteuerung aus den USA könne nicht geführt werden. Auch lasse sich aus dem Auftreten der Organisation nicht ableiten, dass Scientology die Überwindung der verfassungsmäßigen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland aggressiv-kämpferisch verwirklichen wolle.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln
Das Bundesamt für Verfassungsschutz in KölnBild: picture-Alliance/dpa

Im Verfassungsschutzbericht 2007 heißt es über die Organisation dagegen, es ergebe sich aus "einer Vielzahl von Informationsquellen", das Scientology "wesentliche Grund- und Menschenrechte wie die Menschenwürde, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und das recht auf Gleichbehandlung, außer Kraft setzen oder einschränken will".

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Jörg Schönbohm, hatte sich schon im Vorfeld der Tagung skeptisch zu dem Verbot geäußert. "Wenn wir meinen, dass eine Ansicht nicht ganz korrekt ist, wollen wir sie gleich verbieten", sagte er der "Welt am Sonntag". "Aber wir leben in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, in der die Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist". Er wünsche sich mehr Selbstbewusstsein und mehr Vertrauen in die Demokratie.

Laut Bundesamt für den Verfassungsschutz hat Scientology in Deutschland etwa 5000 bis 6000 Mitglieder. Diese Zahlen stagnierten seit Jahren. Für den Hamburger Innenminister Christoph Ahlhaus sind die Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren weiter gegeben. Hamburg und Bayern hätten deshalb mit einer Protokollnotiz deutlich gemacht, dass sie Scientology weiterhin für die verfassungsmäßige Ordnung gefährdend halten und sie weiter durch den Verfassungsschutz beobachten ließen. Die Scientology-Organisation ist in Deutschland nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt. (gmf)