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Katastrophenforscher: Medien sind vom Vogelgrippe-Virus befallen und schüren Ängste

23. Februar 2006

Umfrage von DW-WORLD.DE unter Kommunikations- und Katastrophenwissenschaftlern

https://p.dw.com/p/81uf

"Die Medien sind vom Vogelgrippe-Virus befallen. Sie sind kränker als die Vögel", sagte Willi Streitz, Soziologe in der Katastrophenforschungsstelle der Universität Kiel, in einem Interview von DW-WORLD.DE. Er habe oft den Eindruck, dass sich Journalisten "Schlagzeilen aus den Fingern saugen und sich dann einen Experten suchen, der ihre Meinung stützt", so der Wissenschaftler, der auf Berichte verwies, denen zufolge die Fußball-Weltmeisterschaft in diesem Sommer wegen der Vogelgrippe ausfallen könnte. Statt auf "besonnene Weise Informationen zu verbreiten, schüren Zeitungen häufig Ängste, um ihre Auflage zu steigern".

Der Direktor des Europäischen Journalismus-Observatoriums in Lugano (Schweiz), Stephan Russ-Mohl, teilt die Kritik an der Berichterstattung. "Auch die seriösen Medien sind unter dem sehr starken Einfluss der Boulevard-Medien gezwungen, Dinge aufzuplustern, welche die Leute in Angst und Schrecken versetzen, obwohl dazu überhaupt kein Anlass besteht", sagte der Kommunikationswissenschaftler der Deutschen Welle. Die Bildsprache lege dabei oft das Gegenteil von dem nahe, was in den Artikeln stehe. Russ-Mohl: "Es wurden millionenfach Bilder von Menschen in Schutzanzügen gedruckt – und damit suggeriert, dass eine große Ansteckungsgefahr besteht." Winfried Göpfert, Forscher im Bereich Wissenschaftsjournalismus an der FU Berlin, erklärte, die Berichterstattung habe aber auch eine wichtige Funktion erfüllt: "Sie hat bei den Behörden einen Handlungsdruck erzeugt, sich sorgfältig auf die durchaus reale Möglichkeit einer Pandemie vorzubereiten."

23. Februar 2006
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