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Kasachstan: Urteil im Mordfall Sarsenbajew

7. September 2006

Der Mord am Oppositionspolitiker Altynbek Sarsenbajew ist die aufsehenerregendste Strafsache seit der Unabhängigkeit des Landes. Auf der Anklagebank saßen ehemalige Mitarbeiter der kasachischen Rechtsschutzorgane.

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Gericht verhängt lange HaftstrafenBild: DW

Am 13. Februar dieses Jahres wurden die Leichen des Oppositionspolitikers Altynbek Sarsenbajew sowie zweier seiner Mitarbeiter, des Leibwächters und des Chauffeurs, gefunden. Die Leichen, die am Rande eines Feldweges im Bezirk Talgar im Gebiet Almaty lagen, wiesen Schussverletzungen auf. Wegen des Verdachts auf Entführung und Ermordung des Politikers wurden zehn Personen festgenommen, darunter sechs Mitarbeiter der Sondereinheit Arystan.

Der Prozess in der Stadt Taldykorgan dauerte über zwei Monate und war das wichtigste politische Ereignis im Lande. Am 31. August verlas schließlich der Richter des Gebiets-Gerichts Almaty, Lukmat Merekow, das Urteil gegen die Angeklagten.

Todes- und Freiheitsstrafen

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der ehemalige Mitarbeiter der Rechtsschutzorgane, Rustam Ibragimow, die Tat organisierte und unmittelbar vollstreckte. Er wurde wegen Mordes, Entführung, Bildung einer organisierten kriminellen Vereinigung sowie illegalen Waffenbesitzes zum Tode verurteilt. Ferner wurde sein Vermögen konfisziert. In Kasachstan gilt derzeit ein Moratorium zur Vollstreckung der Todesstrafe. Deswegen wird Ibragimows Strafe wahrscheinlich in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Er kann sich auch an den Präsidenten des Landes mit der Bitte um Begnadigung wenden.

Der ehemalige Leiter des Seantsapparats, Erschan Utembajew, ist dem Gericht zufolge der Auftraggeber des Mordes. Er wurde zu 20 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Der ehemalige Mitarbeiter der Sondereinheit Arystan, Witalij Miroschnikow, der verdächtigt wird, Sarsenbajew und dessen Mitarbeiter entführt und ermordet zu haben, erhielt ebenfalls eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren. Auch dessen Eigentum wurde konfisziert. Die restlichen Angeklagten, allesamt ehemalige Angehörige der Sondereinheit Arystan, erhielten abhängig von der Schwere ihrer Schuld Freiheitsstrafen zwischen drei und vierzehn Jahren. Außerdem müssen sie eine Geldstrafe von umgerechnet etwa 60.000 Euro zahlen. Sie können innerhalb von 15 Tagen Berufung gegen das Urteil einlegen.

Wahres Tatmotiv unklar

Angehörige der Verurteilten und enge Mitarbeiter des getöteten Altynbek Sarsenbajew weisen darauf hin, dass sowohl die Ermittlungen und als auch das Gerichtsverfahren nicht immer korrekt nach dem Strafgesetzbuch Kasachstans abgelaufen seien. Einer der Führer der kasachischen Opposition, Scharmachan Tujakbaj, ist der Ansicht, dass das wahre Motiv für die Tat weder von den Ermittlern noch vom Gericht geklärt werden konnte.

Im Gespräch mit der Deutschen Welle sagte Tujakbaj, auch die eigentlichen Auftraggeber der Tat seien nicht genannt worden. "Die Angeklagten hätten die Wahrheit sagen sollen, wer genau die Tat in Auftrag gegeben hat. Mit der Zeit werden sie vielleicht das erreichen, worauf sie hoffen: Strafmilderung oder vorzeitige Entlassung." Tujakbaj betonte, die Opposition wende sich in erster Linie an die internationale Gemeinschaft, aber auch an die Bevölkerung, die heutzutage den Gerichten sehr kritisch gegenüber stehe.

Nach Meinung vieler kasachischer Politiker und bekannter Persönlichkeiten sind die wahrscheinlich politisch motivierten Morde an den Oppositionspolitikern Samanbek Nurkadilow und Altynbek Sarsenbajew zu Katalysatoren der politischen Veränderungen geworden, die von der Staatsmacht in Kasachstan vorbereitet werden. Die wahren Gründe für die zwei Morde innerhalb nur eines Jahres seien der breiten Öffentlichkeit bislang jedenfalls noch nicht genannt worden.

Vitali Volkov, Sarina Kosybajewa, Almaty
DW-RADIO/Russisch, 31.8.2006, Fokus Ost-Südost