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Kasachischer Ex-Informationsminister verurteilt

16. Juni 2005

Altynbek Sarsenbajew hatte Vorwürfe gegen eine Nachrichtenagentur erhoben und wurde nun in einem umstrittenen Prozess zu einer Geldstrafe verurteilt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Tochter des Präsidenten.

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In Kasachstan wird ein Großteil der Medien von Präsidententochter Dariga Nasarbajewa kontrolliert

Im Interview mit der Zeitung Respublika im Oktober 2004 hatte Sarsenbajew behauptet, die Nachrichtenagentur Chabar gehöre zur Medien-Holding von Präsidententochter Dariga Nasarbajewa, der Staatsmittel zuflössen. Daraufhin verklagte ihn die Nachrichtenagentur und verlangte eine Entschädigung für zugefügten moralischen Schaden.

Am Montagmorgen (13.6.) hat ein Gericht in Almaty unter Vorsitz des Richters Nurserik Scharipow das Urteil verkündet. Dieser betonte: „Mit dem Gerichtsurteil wird festgestellt, dass die am 1. Oktober 2004 verbreiteten Äußerungen falsch sind.“ Kein einziges Mal wurde die Schlussfolgerung laut, Sarsenbajew habe mit seinem Interview für die Zeitung Respublika vom 1. Oktober 2004 der Nachrichtenagentur moralischen Schaden zugefügt, indem er die Nachrichtenagentur Chabar in die Reihe der Medien gestellt hatte, die zur Medien-Holding der ältesten Tochter des kasachischen Präsidenten, Dariga Nasarbajewa, gehören. Der Richter betonte lediglich, dem ehemaligen Informationsminister und dessen Anwalt sei es nicht gelungen, zu beweisen, dass Chabar zu Dariga Nasarbajewas Holding gehört. Ferner habe Sarsenbajew nicht beweisen können, dass die Holding überhaupt existiert und dass der private Fernsehsender ORT-Jewrasija, der dem Angeklagten zufolge auch Dariga Nasarbajewa gehört, über die Nachrichtenagentur Chabar mit staatlichen Mitteln gesetzwidrig finanziert werde.

„Richtern bleibt keine Wahl“

Der bekannte kasachische Anwalt Mustachim Tulejew bewertete in einem Gespräch mit der Deutschen Welle das Urteil. Ihm zufolge gab Richter Schripow der Klage der Nachrichtenagentur Chabar nur teilweise statt, indem er Sarsenbajew verpflichtete, Chabar anstatt der geforderten 50 Millionen Tenge (ca. 300.000 Euro) eine Million Tenge (ca. 6000 Euro) zu zahlen. Das zeige, dass der ehemalige Informationsminister zu 99 Prozent Recht habe, so Tulejew. Der Anwalt betonte, dem Richter sei keine andere Wahl geblieben, als der Nachrichtenagentur Recht zu geben. Tulejew sagte: „Es gibt keinen direkten Druck, aber er liegt in der Luft, da außer den Richtern der Gebietsgerichte, den Gerichtsvorsitzenden sowie der Mitglieder des Obersten Gerichts und des Kollegiums jeder Richter per Präsidentenerlass ernannt wird. Deswegen schweb über ihnen ein Damoklesschwert.“ Außerdem dürfe man nicht vergessen, dass Dariga Nasarbajewa die Tochter des Präsidenten sei, und das müssten alle Mitarbeiter der kasachischen Justiz berücksichtigen.

Öffentlichkeit kaum informiert

Auf die Frage, ob die kasachische Öffentlichkeit über diesen Fall informiert wird, sagte der Deutschen Welle die Leiterin der kasachischen Stiftung Journalisten in Not, Roslana Taukina: „Leider kann die Öffentlichkeit davon nur aus Zeitungen erfahren, die zur Staatsmacht in Opposition stehen. Die Zeitung Sos ist bei uns diese Woche nicht erschienen und die Zeitung Respublika nur in sehr geringer Auflage. Heute muss man nach der Zeitung Schuma Times suchen, sie wird von Hand zu Hand weitergereicht. Die Informationen kommen auf dem Lande nicht an, sie erreichen aber auch nicht die politisch aktive Bevölkerung. Die Medien, die von Dariga Nasarbajewa kontrolliert werden, lassen diese Informationen nicht durch.“

Viltali Volkov, Anatolij Weißkopf

DW-RADIO/Russisch, 13.6.2005, Fokus Ost-Südost