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Kapverdianer haben die Wahl

Nélio dos Santos / Johannes Beck21. Januar 2006

Wie viel Afrika darf es sein? Diese Frage stellen sich viele Kapverdianer vor der Parlamentswahl. Sie fürchten bei zu starker Anbindung ans afrikanische Festland Schaden für ihren bescheidenen Wohlstand.

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Bewiesen sich seit Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft als guten Demokraten: KapverdianerBild: dpa

Die Kapverden gelten in Afrika als Musterbeispiel für eine erfolgreiche Demokratisierung. Und dies obwohl nach dem Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft 1975 bis 1991 nur eine einzige Partei erlaubt war - die Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit der Kapverden - PAICV (Partido Africano para Independêcia de Cabo Verde). Doch bereits bei den ersten freien Wahlen 1990 kam es zu einem Machtwechsel, als die oppositionelle Bewegung für die Demokratie MpD (Movimento para a Democracia) die Wahlen gewann. 2001 verlor sie die Macht wieder an die PAICV - auch damals verlief Machtwechsel friedlich und geordnet. Nun stehen am 22. Januar 2006 erneut Parlamentswahlen an.

Die PAICV möchte in Zukunft mehr aus der geostrategischen Lage der Inseln mitten im Atlantik auf dem Weg vom Westafrika nach Europa profitieren. Sollte die Partei die jetzigen Wahlen gewinnen, will man sich weiter als Eingangstor für den afrikanischen Kontinent profilieren.

Magnet fürs Ausland

Kapverdischen Inseln
Blick auf den Hafen von Mindelo auf den Kapverdischen Inseln (Archiv)Bild: dpa

Daneben setzt der linksgerichtete PAICV in seinem Wahlprogramm vor allem auf die Armutsbekämpfung und die Stärkung der Wirtschaft. "Wir wollen das Wachstumstempo des Landes beschleunigen und unsere Glaubwürdigkeit im Ausland erhöhen, um mehr Auslandsdirektinvestitionen anzuziehen", sagt José Maria Neves. Er ist Chef des PAICV und seit 2001 Premierminister der Kapverden. "Außerdem wollen wir unsere Unternehmens-Landschaft diversifizieren, um mehr Einkommen zu schaffen und so die Lebensqualität der Kapverdianer und unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern."

Seit Juni 2000 führt José Maria Neves den PAICV an. Er folgte damals Pedro Pires nach, dem derzeitigen Präsidenten des Landes. Obwohl der 47-jährige Neves in Brasilien Management studiert hat, sieht er sich selbst als einfacher Mann aus dem Landesinneren von Santiago - einer der mehr als 10 Inseln der Kapverden.

Neves' Gegner

Um erfolgreich regieren zu können, muss Neves die oppositionelle Bewegung für die Demokratie MpD (Movimento para a Democracia) schlagen. Auch wenn der MpD als eher konservativ und der PAICV als linksgerichtet gilt, so unterscheiden sich die Programme beider Parteien nicht allzu sehr. Auch der MpD möchte mehr in Bildung investieren und Arbeitsplätze schaffen.

Lesen Sie weiter: Warum die Kapverdianer dem Westafrikanischen Wirtschaftsbündnis mit Skepsis begegnen.

Aufsehen erregte der MpD allerdings mit der Forderung, über eine Fortsetzung der Mitgliedschaft im Westafrikanischen Wirtschaftsbündnis ECOWAS (Economic Community of West African States) zu diskutieren. Die ECOWAS garantiert ihren Staatsangehörigen Visa-Freiheit bei Reisen innerhalb des Wirtschaftsbündnisses. Zahlreiche Kapverdianer machen allerdings die Einwanderung aus Westafrika dafür verantwortlich, dass die Kriminalität und der Drogenhandel zugenommen haben. Ein weiteres Problem ist in ihren Augen, dass die Kapverden immer mehr von Menschen-Schmugglern als Umschlagplatz zwischen Afrika und Europa genutzt werden. Doch offen zu fordern, die Mitgliedschaft im ECOWAS-Wirtschaftsbündnis zu kündigen, hat sich der MpD bisher nicht getraut. Man will erst einmal darüber diskutieren, sollte man die Wahlen gewinnen.

Im Team gewinnen

Spitzenkandidat der MpD ist Agostinho António Lopes. Der 50-Jährige hat in Algerien Ingenieurwissenschaften studiert und sieht sich eher als Technokrat denn als Politiker. "Ich sehe mich als einen Politiker, der nicht arrogant ist, und der versucht im Team zu arbeiten", sagte er einmal über sich. "Wenn es keine kompetenten Teams gibt, dann werden wir auch nicht die Probleme des Landes lösen können."

Bisher verlief die Entwicklung der etwa eine halbe Million Einwohner zählenden Inselgruppe recht positiv. Die Kapverden haben es trotz der kargen wüstenähnlichen Inseln geschafft, einen bescheidenen Wohlstand aufzubauen. Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von etwa 6200 Dollar im Jahr liegt man inzwischen auf der Höhe Chinas, der Dominikanischen Republik und Venezuelas. Allerdings gelten 37 Prozent der Bevölkerung weiterhin als arm. Für die Zukunft baut die Regierung vor allem darauf, dass der Tourismus neue Einnahmen bringen kann - hier hofft man auf einen ähnlichen Zustrom wie zu den nördlich gelegenen Kanarischen Inseln.

Politisch stabil

Kapverdische Inseln
Fischerboote am Strand von Sao Pedro auf den Kapverdischen Inseln (Archiv)Bild: dpa

Auch was die politische Stabilität betrifft, herrschen gute Bedingungen auf den Kapverden. Bürgerkriege gibt es nicht - im Gegensatz zu den Nachbarstaaten wie Sierra Leone, Liberia und Guinea-Bissau. Dementsprechend friedlich verlief auch der Wahlkampf.

Das Rennen am Sonntag (22.1.) verspricht dennoch spannend zu werden - der Wahlausgang gilt als offen. Vor allem Jugendliche sind mit dem PAICV unzufrieden. Sie werfen der Regierungspartei PAICV vor, einige Wahlversprechen gebrochen zu haben. Allerdings kann der PAICV als Partei an der Macht einige Ressourcen mobilisieren, über die die Opposition nicht verfügt.