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Kaplan darf vorerst bleiben

1. Juni 2004

Ja, was denn nun?! Erst heißt es aus Münster, der Islamistenführer Metin Kaplan dürfe in die Türkei abgeschoben werden. Dann erwirkt ein Eilantrag in Köln einen Rückzieher. Inzwischen ist Kaplan sogar wieder aufgetaucht.

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"Kalif von Köln" (Archivbild): Der lachende Dritte?Bild: AP

Metin Kaplan darf zunächst zwei Monate lang nicht abgeschoben werden, da über seinen Fall auch nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster ("darf abgeschoben werden, es liegen keine schwerwiegenden Hindernisse vor") noch nicht rechtskräftig entschieden sei. Das hat das Kölner Verwaltungsgericht erwirkt.

Ein Eilantrag auf Aussetzung der Abschiebung war von Kaplans Rechtsanwältin Ingeborg Naumann gestellt worden. Begründung: drohende Folter in der Türkei und der schlechte Gesundheitszustand Kaplans. Der Haftbefehl gegen den Islamistenführer war daraufhin aufgehoben und die europaweite Fahndung nach ihm eingestellt worden. Wegen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts habe der Haftbefehl keinen Sinn mehr. Kaplan könne dennoch festgenommen werden, weil er derzeit keine Duldung in Deutschland mehr habe. Sollte er allerdings einen neuen Antrag auf Duldung stellen, müsste dem stattgegeben werden.

Peinlich und blauäugig

Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens hat das Untertauchen des Kölner Islamistenführers Metin Kaplan als "sehr misslichen Vorgang" bezeichnet. Die Polizei habe sich jedoch korrekt verhalten, sagte er im ZDF. Sie habe Kaplan nach deutschem Recht lediglich 24 Stunden observieren dürfen. Polizei und Verfassungsschutz seien bis zu seiner missglückten Festnahme davon ausgegangen, dass sich Kaplan in seiner Kölner Wohnung aufhalte ...

Kurz nach dem Urteil fuhren Polizisten vor dem Haus Kaplans in Köln vor, um den selbsternannten "Kalifen von Köln" in Abschiebehaft zu nehmen. Kaplan war allerdings nicht zu Hause - es fehlt jede Spur. Theoretisch hätte die Polizei ihn in Köln ausfindig machen müssen, denn er darf seit längerem die Stadt nicht verlassen. Und das hat er offenbar auch nicht oder nur für kurze Zeit - am Pfingstmontag tauchte er "weisungsgemäß" bei der Kölner Polizei auf.

Was hätte Kaplan in der Türkei zu erwarten?

Mit der Abschiebe-Erlaubnis, die das Oberverwaltungsgericht Münster erteilt hatte, hoben die Richter ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln auf. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) ließ aber ausdrücklich Revision gegen das Urteil zu - und prompt kam die Kehrtwende per Eilantrag. Grund war die Sorge, dass Kaplan in der Türkei ein Verfahren droht, das mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar ist. Außerdem sei Kaplan wegen seiner Erkrankung nicht reisefähig sei. Nicht geklärt ist allerdings, wie er unter diesen Voraussetzungen in der Lage war, zu verschwinden und schier unauffindbar zu sein.

Metim Kaplan drohe in der Türkei "nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter oder erniedrigende Behandlung", sagte der Vorsitzende Richter Max Seibert zur Begründung der Gerichtsentscheidung in Münster. Zwar gebe es in der Türkei nach wie vor Folter. Dies gelte jedoch nicht für den Polizeigewahrsam, in den Kaplan genommen werde. Ferner sei Kaplan wegen seiner Prominenz und damit einhergehender Beobachtung durch Medien, Menschenrechtsorganisationen oder die EU-Kommission nicht mit anderen türkischen Staatsbürgern vergleichbar.

Kaplans Anwältin Ingeborg Naumann hatte von Anfang an scharfe Kritik daran geübt, dass die Behörden die Abschiebung bereits vor der rechtskräftigen Entscheidung des OVG vorbereitet hätten. Sie hatte bereits vor Verkündung des Entscheides in Münster vorsorglich einen Eilantrag gestellt, mit dem eine Abschiebung verhindert werden sollte.

Kaplans angebliche Vorhaben

Im Dezember 2003 hatte das Oberlandesgericht Münster dem selbst ernannten "Kalifen von Köln" bereits seinen Status als Asylberechtigter aberkannt. Kaplan hatte in Köln den inzwischen verbotenen fundamentalistischen "Kalifatstaat" ausgerufen und war im Jahr 2000 vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu vier Jahren Haft verurteilt worden, weil er öffentlich zur Ermordung eines religiösen Widersachers aufgerufen hatte, der später auch tatsächlich in Berlin getötet worden war. Die Türkei will ihn wegen der Planung eines Anschlages vor Gericht stellen. Ziel von Kaplans Vereinigung war es, zunächst in der Türkei, später weltumspannend, einen fundamental-islamischen Gottesstaat aufzubauen. (mik/arn)