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29. September 2006

Mehr als ein Jahrzehnt nach seiner Unabhängigkeit kämpft Usbekistan mit großen wirtschaftlichen Problemen. Abhilfe soll nun eine praxisnahe Bildungspolitik schaffen. Regierung und Bürger denken um.

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Relikte aus einer längst vergangen ZeitBild: dpa

Samarkand, Taschkent, Buchara – Städtenamen, Jahrtausende alt, die fantastische Assoziationen wecken. In diesen Orten wurde mit Seide, Gold und Edelsteinen gehandelt. Die Gegenwart von Samarkand oder Taschkent sieht jedoch anders aus: die bedeutendsten Städte Usbekistans haben nur noch wenig Märchenhaftes. Dem Land geht es wirtschaftlich schlecht und den Menschen mangelt es an vielem. Daran haben bislang auch hohe Investitionen in die Bildung nichts geändert.

Arbeitslosigkeit und Bildungshunger

Junge auf dem Schulweg in Usbekistan
Junge auf dem Schulweg in UsbekistanBild: AP

Schon immer, weiß Gulnara Babadschanowa, Direktorin des Taschkenter Trainingszentrums für Journalisten, hatte Bildung in Usbekistan einen hohen Stellenwert. Sie sieht die Wurzeln des usbekischen Bildungshungers in der Geschichte. Schon im Mittelalter war das Gebiet kulturell hoch entwickelt und brachte viele bedeutende Philosophen, Wissenschaftler und Theologen hervor. „Im Islam sagt man, dass die Muslime immer Bücher lesen und gebildet sein müssen. Um das Land zu entwickeln, muss man also viel lernen und viele Fachkräfte haben. Deshalb ist das Geld, das die Regierung für Bildung zur Verfügung stellt, so wichtig. Denn es ist Kapital für die Zukunft.“

Bücher lesen allein kann das Entwicklungsland jedoch nicht aus dem schwierigen Transformationsprozess führen, in dem es seit der Unabhängigkeit 1991 steckt. Bislang konnten viele Absolventen der mehr als 800 Berufsschulen auf dem Arbeitsmarkt kaum Fuß fassen. Der Grund: Ihre Ausbildung war zu theoretisch.

Die neuen Praktiker

Baumwollernte in Usbekistan
Usbekinnen pflücken BaumwolleBild: dpa

Nun hat die usbekische Regierung ein Nationales Programm verabschiedet, das das gesamte Bildungssystem bis 2009 praxisnaher gestalten soll. Klare Empfehlungen hierzu hat die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) gegeben. Projektkoordinator Jürgen Kupfer: „Wir haben landesweit acht Pilot-Colleges gegründet: drei kaufmännische, drei im Bereich Hotel/Tourismus und zwei Colleges zur Ausbildung von Landmaschinenmechanikern. Wir haben für diese Colleges mehr als 250 Partner-Betriebe, in denen die praktische Arbeit erlernt wird. Und wir haben eine berufstheoretische und eine berufspraktische Prüfung eingeführt, wobei die berufspraktische Prüfung wesentlich höher bewertet wird als die theoretische.“

Andere Ausbildungsbereiche umfassen Informationstechnologie, Management, Elektro- und auch Computertechnik. Schon jetzt ist das Projekt, das in Anlehnung an die deutsche duale Berufsausbildung entwickelt wurde, sehr erfolgreich. Die Betriebe rissen sich um die Absolventen des ersten Jahrgangs.

Arbeitslosenhilfe in Usbekistan

Auch für diejenigen, die schon eine abgeschlossene Ausbildung haben und noch keine Arbeit finden, gibt es Unterstützung, versichert Soibzhon Alijew vom usbekischen Arbeitsministerium: „Es gibt gut ausgebildete Absolventen, die keine Arbeitsstelle gefunden haben. Andererseits gibt es Arbeitsstellen, für die es keine qualifizierten Bewerber gibt. Da greifen wir ein und bilden diese Erwerbslosen für eine solche Stelle aus. Oder es gibt Leute, die sich umschulen möchten und da helfen wir ihnen auch mit entsprechenden Programmen.“ Dazu wurde vor drei Jahren ein Kooperationsabkommen mit dem Institut für internationale Zusammenarbeit des deutschen Volkshochschulverbandes geschlossen. „So konnten wir zum Beispiel Computer-Kurse für künftige IT-Fachkräfte durchführen, oder wir bekamen Nähmaschinen von der Firma Pfaff für Schneiderkurse oder Ausrüstungen für andere Handwerkerberufe.“

Mehr Selbständigkeit – auch für Frauen

Neben der praktischen Arbeit als Schlüssel zu mehr Selbständigkeit wird auch auf eine Stärkung der Frauen gesetzt. An der einzigen usbekischen Berufsschule für Sozialarbeiterinnen werden den 600 Schülerinnen unter anderem Seminare zu Frauenrechten, Drogenproblematik und HIV/Aids angeboten – durchgeführt von verschiedenen internationalen Organisationen wie World Vision, der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung, aber auch von usbekischen Nicht-Regierungsorganisationen, die sich um die Belange der Frauen kümmern. Die Leiterin der Schule für Sozialarbeiterinnen Anja-Maria Käßer: „Unsere Idee ist, dass wir die jungen Frauen ermutigen, aktive Bürgerinnen zu werden, ihren Beruf zu ergreifen und sich auch für ihre Mitbürgerinnen einzusetzen.“

Die Reformen der Berufsausbildung tragen bereits erste Früchte. Die Menschen in Usbekistan können optimistisch in ihre Zukunft blicken.

Autoren: Nigora Abdullaeva, Dilfuza Achmedova und Vladimir Müller
Redaktion: Peter Koppen