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Kampf um Waffenkontrolle in den USA

Spencer Kimball (rb)4. April 2013

Der Senat im US-Bundesstaat Connecticut hat eines der härtesten Waffengesetze in den USA verabschiedet. Aber nur wenige denken, dass es ein Vorbild für den Rest des Landes sein wird.

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Hände halten Schusswaffen (Foto: Barbara L. Salisbury/The Washington Times)
Härtere Schusswaffenregeln - Connecticut will damit nun eine Vorreiterrolle einnehmen.Bild: picture-alliance/Landov

Der Gesetzentwurf, der in Folge des verheerenden Amoklaufs an der Sandy Hook Grundschule in Newtown entworfen wurde, ist mit einer Zweidrittel-Mehrheit im Senat von Connecticut verabschiedet worden. Bei der Schießerei am 14. Dezember 2012 waren sechs Lehrer und 20 Kinder ums Leben gekommen. Waffenbefürworter protestieren heftig gegen die strenge neue Regelung. Trotzdem: Dannel Malloy, der demokratische Gouverneur von Connecticut, hat das Gesetz an diesem Donnerstag (04.04.2013) in einer feierlichen Zeremonie unterzeichnet.

Die Maßnahmen erweitern das Verbot schwerer Angriffswaffen um 100 Schusswaffen und verbieten den Verkauf von Großmagazinen. Ein weiterer Bestandteil sind sofortige umfangreiche Sicherheitskontrollen bei allen Schusswaffenverkäufen. Darüber hinaus verlangt das Gesetz, dass jeder, der ein Gewehr oder Munition kaufen will, zuerst ein Zertifikat vorlegt. Außerdem muss der Käufer seine Fingerabdrücke abgegeben und an einem Waffenkurs teilnehmen.

Verängstigte Kinder nach dem Amoklauf an einer Grundschule in Connecticut (Foto: REUTERS)
20 Kinder sterben beim Amoklauf von NewtownBild: Reuters

"Dies ist eine Botschaft, die in den anderen 49 Staaten und in Washington D.C. ankommen sollte", sagte Connecticuts Senatspräsident Donald E. Williams. "Wenn wir es hier erreichen können, dann sollten sie es in ihren jeweiligen Staaten und im nationalen Kongress auch schaffen."

Gegner drohen mit Blockade

Ob Connecticuts Botschaft wirklich Eindruck auf die Bundespolitiker in Washington macht, bleibt abzuwarten. Im Bundesstaat Connecticut dominieren die Demokraten beide gesetzgebenden Kammern. In Washington aber ist die Lage komplizierter. Republikaner und Demokraten teilen sich die Macht. Die Republikaner kontrollieren das Repräsentantenhaus, die Demokraten den Senat.   

Die Waffenlobby tut alles, um strengere Gesetze zu verhindern. Das zeigt auch der Brief von fünf republikanischen Senatoren an Harry Reid, den Mehrheitsführer im Senat. Darin kündigen die Unterzeichner an, dass sie "jede Gesetzgebung, die das verfassungsmäßige Recht des amerikanischen Volkes, Waffen zu tragen, verletzen würde, oder ihre Fähigkeit, dieses Recht auszuüben, ohne staatlicher Überwachung unterzogen zu werden", blockieren wollen. Die Senatoren drohen mit einem sogenannten Filibuster. Dabei verzögert die Minderheit durch Dauerreden oder Verfahrenstricks die Beschlussfassung der Mehrheit.

Die Filibuster-Drohung kam, obwohl Reid bereits beschlossen hatte, kein  Angriffswaffenverbot in zukünftige Gesetze aufzunehmen. Der Demokrat sagte, dass das Verbot "optimistischen gesehen" mit "weniger als 40 Stimmen" rechnen müsste. Um eine abschließende Abstimmung anzusetzen sind aber 60 Stimmen notwendig. "Ich denke, wenn dieses Waffenkontrollpaket durch das Repräsentantenhaus verabschiedet wird, wird es ohnehin eine Mehrheit im Senat haben. Ein Filibuster wäre deshalb zwecklos", erklärt Kristin Goss, Expertin für Waffenpolitik, im Gespräch mit der Deutschen Welle.    

Senatsmehrheitsführer Harry Reid (Foto: REUTERS/Jason Reed/Files)
Senatsmehrheitsführer Harry ReidBild: Reuters

Überprüfung von Waffenkäufern

Laut Goss war es zu erwarten, dass das Verbot von Angriffswaffen im Senat nicht durchkommen würde. Doch das bedeute nicht unbedingt den Zusammenbruch einer umfassenderen Waffenkontrollgesetzgebung. Denn einige Senatoren lehnen zwar ein Verbot von Angriffswaffen ab, sind aber durchaus bereit, für verstärkte Sicherheitsüberprüfungen bei Waffenkäufen zu stimmen.

"Wenn das Führen von Waffenmagazinen mit großer Kapazität ein Teil des Hauptgesetzentwurfs gewesen wäre, wäre das schlecht gewesen. Für eine Reihe von Senatoren wäre das ein Verhandlungskiller gewesen", sagt Goss. Bisher aber haben die überparteilichen Verhandlungen über Sicherheitsüberprüfungen bei Waffenkäufen zu keinem Ergebnis geführt. Während staatlich lizenzierte Waffenhändler derzeit Kontrollen durchführen müssen, ist das bei Transaktionen zwischen Privatpersonen nicht notwendig.

NRA Lobbykampagne

Inzwischen läuft die Lobbykampagne der NRA, National Rifle Association of America (dt.: Nationale Schusswaffenvereinigung), auf Hochtouren. Sie versucht praktisch jede legislative Initiative, die härtere Schusswaffenbeschränkungen bringen könnte, zu unterdrücken. "Die NRA wird auf eine Reihe von Änderungsanträgen drängen, die die Rechtsvorschriften inhaltlich verwässern", sagt Robert J. Spitzer, Politikwissenschaftler in den USA, im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Weil die Waffenkontrollmaßnahmen in Washington in der Schwebe sind, haben viele Staaten die Initiative ergriffen. Sie verabschieden ihre eigenen Rechtsvorschriften. Colorado und New York segneten neue Waffenbeschränkungen ab. Andere Staaten verabschieden  "Pro-Waffen" Gesetze. Nach einem aktuellen Bericht von Hartford Courant, einer lokalen Zeitung aus Connecticut, sind 17 Bundesstaaten und Washington D.C. für eine Waffenschutzgesetzgebung, während 26 Staaten versuchen, bestehende Waffengesetze zu liberalisieren.

Der Senator Rand Paul (Foto: Ron Sachs / CNP)
Senator Rand Paul hat mit einem Filibuster gedrohtBild: picture-alliance/dpa

Kristin Goss ist der Meinung, "dass die Pro-Waffen Gesetzesentwürfe im Großen und Ganzen eher kleinteilig und relativ unbedeutend sind. Die Waffenkontrollgesetzentwürfe, die zum Beispiel in New York und Colorado verabschiedet wurden, sind aber wichtige Reformpakete". Obwohl die jüngste Umfragen der Washington Post und des TV-Senders ABC gezeigt haben, dass neun von zehn Amerikanern einen generellen Sicherheitscheck beim Waffenkauf unterstützen, glaubt Spitzer, dass die Zeit für eine Waffenbesitzgesetzgebung langsam abläuft. "Seit dem Amoklauf in Newtown sind bereits drei Monate vergangen, und die Stimmung verändert sich wieder", glaubt Spitzer. Unmöglich aber sei eine Neuregelung nicht. Schließlich seien die Sturmwaffen 1994 schon einmal verboten worden. Dieses Verbot lief unter George W. Bush aus.