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Kampf um die Fernsehrechte an der Bundesliga

Andreas Tzortzis16. November 2005

Wird der deutsche Fußball bald weniger zuschauerfreundlich? Pläne, die Sendezeiten der wöchentlichen Fußball-Höhepunkte zu ändern, haben Wut unter den Fans ausgelöst. Große Veränderungen könnten anstehen.

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Mehr Exklusivität auf Kosten der Fans?Bild: AP

Samstagabend: Gemeinsam sitzen Fußballfans vor dem Fernseher und sehen sich die Höhepunkte des Bundesliga-Spieltages an. Für viele Fans gehört das zu den frühesten Fußball-Erinnerungen. Wenn der Pay-TV-Sender Premiere seinen Willen bekommt, gehört dieses Bild allerdings bald der Vergangenheit an.

Wunsch nach Exklusivität

Der Münchner Sender steht in der ersten Reihe beim Kampf um die Senderechte an der Bundesliga. Premieres Wunsch nach beispielloser Exklusivität lässt die Fußballwelt Kopf stehen. Für die 260 Millionen Euro, die Premiere laut Experten-Meinung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zahlen könnte, will der Pay-TV-Sender die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlte Sportschau in die Untiefen des Samstagnacht-Programms schieben.

Nicht vor 22 Uhr

Georg Kofler
Georg KoflerBild: AP

Zurzeit läuft die Sportschau schon eine Stunde nachdem Premiere die Übertragung beendet hat. Nun aber will Premiere-Chef Georg Kofler die Sendung von 18.10 Uhr auf frühestens 22 Uhr abends schieben. Viele der sechs Millionen Sportschau-Zuschauer könnten der ARD so verloren gehen. "Es kann nicht sein, dass Spiele direkt nachdem sie im Pay-TV gezeigt wurden im kostenfreien Fernsehen laufen", sagt Kofler, dessen Unternehmen für die vergangenen zwei Saisons 180 Millionen Euro für die Bundesliga-Rechte bezahlt hat.

Schluss mit billigem Fernsehen?

Die Aussichten haben Fußball-Anhänger schockiert und die Sorge ausgelöst, Deutschland, die letzte Bastion preisgünstigen Fernsehens in Europa, könne bald den Weg Englands und Frankreichs gehen. Im Gegensatz zu Engländern und Franzosen haben die Deutschen Jahrzehnte lang eine große Auswahl von Kanälen genossen. Darunter eben auch die Fußball-Höhepunkte. Gezahlt werden musste nur die monatliche Rundfunkgebühr für die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Das Recht auf eine Grundversorgung mit Fernsehkanälen wird sogar gesetzlich garantiert. Viele Zuschauer betrachten die Fußball-Berichterstattung als Grundversorgung, wenn nicht sogar als lebensnotwendig. "Fußball um 18 Uhr ist die richtige Zeit", sagt Andreas Sürken, Besitzer der Berliner Fußball-Bar Magnet Mitte. Der Sport sei ein öffentliches Gut.

Bundesliga Übertragungsrechte für ARD
Die ARD überträgt bisher die Bundesliga-Höhepunkte am frühen SamstagabendBild: AP

Während der vergangenen zwei Jahre hat die ARD geschätzte 60 Millionen Euro gezahlt, um Höhepunkte der Fußball-Begegnungen ausstrahlen zu dürfen. Obwohl die ARD Verständis für den Wunsch des DFL nach mehr Geld hat, warnt sie davor, die Fans für einen kurzfristigen Gewinn vor den Kopf zu stoßen. "Man kann nicht Millionen von Zuschauern als Geiseln nehmen, nur weil man mehr Geld will", sagte Fritz Pleitgen, Intendant des WDR in einer Stellungnahme.

Einige sehen in dem Streit den Beginn eines großen Wandels in der deutschen Fernsehlandschaft. Die kommende Digitalisierung könnte den Weg für neue Märkte ebnen. Unternehmen wie Kabel Digital Deutschland bieten eine immer umfangreichere Auswahl an Programm-Paketen, die bei zehn Euro im Monat beginnen. Premieres erfolgreiche Auferstehung nach dem finanziellen Zusammenbruch der Kirch-Gruppe 2002 hat private Sender wie RTL animiert, ihre eigenen Pay-TV-Sender zu gründen.

Schlecht für das Produkt Fußball

Die Fernsehlandschaft ändere sich graduell, sagt Stefan Weiss, Aktienanalyst bei der WestLB. Weiss ist Co-Autor einer Studie zu Premieres Kaufversuchen der Bundesliga-Rechte. Danach könnte das DAX-gelistete Unternehmen mit dem exklusiven Fußball-Angebot rund 300.000 Kunden gewinnen.

Experten warnen die DFL allerdings vor zu viel Kompromissbereitschaft. "Letztendlich müssen sie an ihr Produkt denken", sagt Thomas Schierl, Professor an der Sporthochschule Köln. "Es ist es nicht wert, kurzfristig Geld zu verdienen, wenn man dabei sein Produkt langfristig schädigt."