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"Kampf gegen Rassismus ist cool"

12. Juni 2009

Fanprojekte wie in Düsseldorf und Mainz wollen die sogenannten Ultras in den Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus einbinden.

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Schild mit der Aufschrift kein-Platz-für-Rassismus. Foto: DW/A. Boettcher
Bild: Arnulf Boettcher

Fußballfans sind laut, gewaltbereit und grölen politisch unkorrektes Zeug - ein Klischee, das sich leider immer mal wieder bestätigt. Dennoch: Mehr als 13 Millionen Zuschauer strömten in der vergangenen Saison in die Bundesliga-Stadien – neuer Rekord. Die überwiegende Mehrheit davon war friedlich.

Ausschreitungen in Düsseldorf

Massive Polizeikräfte stehen nach Ausschreitungen von Fortuna-Fans in der Altstadt in Düsseldorf. Foto: dpa
Spuren der Krawalle in DüsseldorfBild: picture alliance / dpa

Die Fans von Fortuna Düsseldorf gelten als besonders leidgeprüft. Den Aufstieg in die Zweite Liga, nach Jahren in der sportlichen Diaspora, feierten mehr als 50.000 Zuschauer. Einige benahmen sich daneben. 23 Verletzte im Krankenhaus, 24 Festnahmen lautete die Bilanz der nächtlichen Krawalle. Damit so etwas nicht zum Alltag wird, suchen Fanprojekte den Kontakt zur Basis. Im Dialog mit der Fan-Szene sollen Gewalt und Rassismus aus den deutschen Stadien verbannt werden. "Der Abbau menschenfeindlicher Einstellungen bei jugendlichen Fußballfans und die Vermittlung und Förderung demokratischer Werte sind die zentralen Ziele in der Arbeit der Fanprojekte", sagt Helmut Spahn, der Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball Bundes.

Idee der "Toten Hosen"

Die Rockband Die Toten Hosen vor einem Plakat mit dem Namen der Band. Foto: dpa
Bekennende Fortuna-FansBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

In Düsseldorf existiert seit 15 Jahren ein Fanprojekt. Die Arbeit ist vielschichtig. Neben der Betreuung der Fans bei Heim- und Auswärtsspielen ist klassische Jugendarbeit gefordert. Bei Problemen in der Schule oder zu Hause können sich die Jugendlichen an die Sozialarbeiter wenden. "Die Idee kam von der bekannten Düsseldorfer Rockband Die Toten Hosen", erzählt Dirk Bierholz, Leiter des Projekts. "Damals haben sie die CD Sascha gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus herausgegeben. Als bekennende Fortuna-Anhänger wollten sie sich auch im Fan-Bereich engagieren."

Mehrmals in der Woche treffen sich die Düsseldorfer Anhänger in einem Fan-Café: Zum Tischtennisspielen, Kickern oder einfach Fernsehen gucken. Auch Choreographien für den Fanblock und Banner für die nächsten Spieltage werden dort entwickelt. "Die Fankurve ist mehr als nur eine Problemzone", sagt Michael Gabriel von der Koordinationsstelle der Fanprojekte. Die Kurve biete vielfältige Möglichkeiten für positives Engagement, Kreativität, Solidarität und ein enormes Anerkennungspotenzial für Menschen, die möglicherweise in anderen Lebensbereichen Schwierigkeiten hätten.

"Auf uns wird geschaut"

Blick in die von Flutlicht erleuchtete, gut gefüllte Düsseldorfer Fußball-Arena. Foto: dpa
Rassisten unerwünscht in der Düsseldorfer ArenaBild: picture-alliance / Sven Simon

Wie in vielen Fanprojekten ist der Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auch in Düsseldorf ein besonderes Anliegen. Gemeinsam mit dem Club habe man Zeichen gesetzt, erklärt Projektleiter Bierholz: "Wir haben die Stadienordnung geändert. Und wir haben in die Satzung der Fortuna einen Anti-Rassismus-Paragraphen geschrieben.“ In einem weiteren Schritt luden die Düsseldorfer Fans Migranten zu einem Spiel der Fortuna ein. "Wir wollten ihnen zeigen: Ihr seid in der Fanszene und im Stadion willkommen."

Die Düsseldorfer Ultra-Fans sind sich ihrer Rolle im Stadion bewusst und wollen sie nutzen: "Die Leute sollen sehen, dass es nicht uncool ist, sondern cool, gegen Rassismus zu sein.“ Schließlich seien die Ultras ja auch diejenigen, die den Ton angäben, sagt ein Besucher des Fan-Cafés. "Auf uns wird geschaut und das kann man ja auch mal im Positiven nutzen."

Aber sind es denn nicht auch häufig die Ultras, die Krawall anzetteln? Ultras seien nicht unbedingt Hooligans, erklärt Dirk Weber vom Mainzer Fanprojekt: "Hooligans sind Fußballfans, die mit der Absicht ins Stadion gehen, sich mit Randalierern anderer Vereine zu messen." Natürlich gebe es auch unter einigen Ultras eine gewisse Gewaltbereitschaft, sagt Weber. In erster Linie aber gehe es ihnen um das Spiel: "Die basteln Fahnen, fahren zu jedem Spiel und unterstützen ihre Mannschaft 90 Minuten lang."

Letztlich geht es um Fußball

Blick auf Düsseldorfer Fanblock. Foto: dpa
Hauptsache, Fortuna gewinntBild: picture alliance / dpa

Über 40 Fanprojekte in den ersten fünf Ligen werden gemeinschaftlich vom DFB, der Deutschen Fußball Liga, den Ländern und Kommunen finanziert. Erfolge der Projektarbeit sind schwer messbar, aber es gibt Hinweise. Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Sportwissenschaften belegt, dass "ein sichtbares und hörbares fremdenfeindliches und rechtsextremes Verhalten, auf den Rängen, in den Stadien, in den letzten Jahren zurückgegangen, aber nicht verschwunden" ist.

Aktionen wie ein Anti-Rassismus-Tag im Mainzer Stadion hätten Wirkung gezeigt, sagt Dirk Weber: "Vor diesem Tag gab es öfters mal Gesänge wie 'XY, du Zigeuner'. Nach diesem Tag habe ich das nicht mehr gehört."

Letztlich soll es im Stadion ja um Fußball gehen. Das finden auch die Düsseldorfer Ultras im Fan-Café: "Ob Migrant oder Deutscher, es soll ja für alle ein Fußballfest sein. Jeder soll unsere Fortuna so genießen, wie er das möchte." Da seien Hautfarbe oder Religion völlig egal. "Es geht ja nur um ein Ziel: dass Fortuna gewinnt."

Autor: Julian Rohn

Redaktion: Joachim Falkenhagen