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Kampf gegen Epidemien

Priya Esselborn, Port Blair10. Januar 2005

Nur langsam verdichten sich die Informationen über die zu Indien gehörende Inselgruppe der Andamanen und Nikobaren. Die Einschätzung der Lage variiert aber: je nachdem, ob man die Armee oder unabhängige NGO's befragt.

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Immer noch werden täglich Menschen nach Port Blair evakuiertBild: AP

Die 572 Inseln der Andamanen und Nikobaren sind indisches Unionsterritorium und liegen etwa 1200 Kilometer östlich von Chennai (früher Madras). Nur 36 Inseln sind bewohnt. Viele sind geschützte Reservate, in denen Urvölkerstämme leben. Die Inseln der Andamanen liegen größtenteils über dem Meeresspiegel und verfügen durch ihre Hauptstadt Port Blair und den Flughafen über eine relativ gute Infrastruktur. Hier gab es nur relativ wenig Opfer.

Seebeben Kombo Andamanen und Nikobaren
Bild: AP

Die Nikobaren hingegen wurden von der verheerenden Flutwelle am schlimmsten betroffen. Diese Inseln liegen fast auf gleicher Höhe mit dem Meeresspiegel. Auf Car Nicobar hat die indische Armee einen Stützpunkt. Von hier werden auch die umliegenden Nikobaren-Inseln versorgt. Daher dürfen Journalisten nur nach ausdrücklicher Genehmigung auf die Insel. Informationen über das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe hier sind nur schwer zu bekommen.

Etwa 1000 Einsatzkräfte hat die indische Armee nach der verheerenden Flutwelle auf Car Nicobar stationiert. Wie viele Menschen auf der stark bewaldeten Insel lebten, weiß man nicht. Daher können die Streitkräfte vor Ort auch keine genauen Opferzahlen nennen. Die Armee wollte bisher nur etwa 1000 Leichenfunde bestätigen. Spekulationen gehen allerdings von bis zu 4000 Toten auf Car Nicobar und den umliegenden Inseln aus.

Hilfsmaßnahmen haben begonnen

Die Armee evakuiert auch fast zwei Wochen nach der Katastrophe immer noch jeden Tag Menschen nach Port Blair, der Hauptstadt der Andamanen. Flüchtlingscamps wurden eingerichtet. Mit Suchhunden wird nach Überlebenden und Leichen gesucht. Einige Regionen sind erst seit wenigen Tagen über Straßenverbindungen zu erreichen – vorher war die Versorgung der Überlebenden nur aus der Luft möglich. Auch die Versorgung mit Trinkwasser ist ein Problem.

Seebeben Nikobaren Insel Luftaufnahme
Luftbild einer Insel der Nikobaren, die von der Flutkatastrophe ausgewaschen wurdeBild: AP

Dennoch beurteilt Kommandeur J.M. Devadoss von der indischen Armee die Situation nach anfänglichen Schwierigkeiten als positiv. Die Straßen seien inzwischen offen und die Lastwagen konnten Hilfsgüter sammeln. Devadoss fasst zusammen: "Seit fünf Tagen funktioniert die Hilfe hier perfekt." Er sieht allerdings die kritische Berichterstattung der Medien über die viel zu spät gestarteten Hilfsmaßnahmen als Problem. Diese sei für den Wiederaufbau nicht förderlich.

Internationale Hilfe hätte früher eintreffen sollen

In den vergangenen Tagen hatten mehrere NGO's geklagt, dass die Entscheidung, internationale Hilfe für die Andamanen und Nikobaren abzulehnen, falsch gewesen sei. Denn nur auf dem Festland hätte Indien die logistischen Vorraussetzungen und die nötige Erfahrung im Krisenmanagement, um angemessen und effektiv auf eine derartige Situation reagieren zu können.

Seebeben Frau Indien Andaman Nikobaren
Die Katastrophe hat die Menschen auf lange Zeit geprägtBild: AP

Dieser Ansicht schließt sich auch Dr. Ashraf Ali, vom Nehru Yuva Kendra (Nehru Jugend Zentrum) an, der sich freiwillig als Arzt für die Hilfe auf den Andamanen und Nikobaren gemeldet hat: "Wir haben hier zwar eine Infrastruktur und auch die nötige Manpower. Aber es geht hier nicht um ein zwei Leute, sondern die Verwüstungen betreffen eine riesige Zahl von Menschen. Überall hier haben wir zu wenig Ärzte."

Großangelegte Impfaktionen

Dr. Ashraf Ali befürchtet, dass es auf einigen Inseln schon Fälle von Diarrhöe und Cholera gegeben haben könnte, diese aber nicht publik gemacht wurden. Auf Car Nicobar sind nur 17 Ärzte vor Ort. Auch das Team von Unicef India traf zum Beispiel erst am 31. Dezember 2004, also fünf Tage nach der Katastrophe, ein. Neben der Behandlung von geringeren Beschwerden wie Husten, Fieber, Gliederschmerzen und Durchfall führt Unicef auch groß angelegte Impfaktionen durch – zum Beispiel gegen Tetanus und Masern. Gerade Masern sind in den überfüllten Lagern eine tödliche Gefahr für die Überlebenden.