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Kampf gegen den Wüstenterror

22. September 2010

Erst im Juli hatte die Terrororganisation "Al Kaida Islamischen Maghreb" im Niger einen Franzosen entführt und ermordet. Nun hat Al Kaida wieder zugeschlagen - Frankreich und die Sahara-Anrainer sind hilflos.

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Sahara (Bild: dpa)
Trügerische Idylle in der SaharaBild: picture-alliance/ dpa

Was sich vor wenigen Tagen im Norden Malis abgespielt hat, klingt zunächst nach einem erfolgreichen Schlag gegen die so genannte "Wüstenfiliale" von Al Kaida: Mit Angriffen aus der Luft hat Mauretaniens Armee mindestens zwölf Mitglieder der Organisation getötet. Allerdings sind bei der Operation auch acht mauretanische Soldaten ums Leben gekommen – und auch mehrere Zivilisten aus Mali. Wieviele, ist bislang unklar. Jedenfalls hätte das nicht passieren dürfen, klagt der Parlamentarier Assarid Ag Inbarca-Ouane. "Da war ein Lastwagen mit Zivilisten, das war klar zu erkennen, und trotzdem wurde er systematisch von einem mauretanischen Kampfflugzeug bombardiert!", sagt er. Natürlich sei Mali damit einverstanden, dass Mauretanien die Region rund um Timbuktu für Luftangriffe gegen Al Kaida nutze. "Mauretanien ist unser Nachbar, und unsere Länder sind befreundet. Aber wir können nicht akzeptieren, dass Mauretanien malische Staatsbürger tötet", betont der Parlamentarier.

Missglückter Einsatz

Al-Kaida-Terroristen in Mali 2009 (Bild: dpa)
Al-Kaida-Terroristen in Mali 2009Bild: picture-alliance/dpa

Der Zwischenfall kommt zur absoluten Unzeit, denn die Beziehungen zwischen Mali und Mauretanien sind ohnehin schon angespannt, seit im Juli mauretanische und französische Elitesoldaten gemeinsam Al Kaida-Camps in Mali angegriffen und versucht hatten, den französischen Ingenieur Michel Germaneau zu befreien. Die Rettungsaktion damals ging schief, Al Kaida tötete Germaneau und Mali war über die Operation überhaupt nicht informiert. Beim Einsatz am letzten Wochenende waren zwar keine französischen Truppen beteiligt, aber in der Suche nach den im Niger entführten und offenbar nach Mali verschleppten sieben Geiseln ist man trotzdem kein Stück weitergekommen. Experten zufolge ist nicht einmal klar, ob diese Militäraktion überhaupt den Zweck hatte, die fünf Franzosen und die zwei Afrikaner, einige davon Mitarbeiter des französischen Uran-Konzerns Areva, zu finden und zu befreien.

Gemeinsames Kommando

Sarkozy im Niger (Bild: AP)
Frankreich ist auch militärisch im Niger aktivBild: AP

Niger, Mali, Algerien und Mauretanien sind mit dem Terrorkampf überfordert – denn Al Kaida im Islamischen Maghreb kämpft längst an vielen Fronten. Und das in einem Gebiet, das 20 Mal so groß ist wie Frankreich. Doch genau deshalb hatten ja die betroffenen Staaten vor einem halben Jahr ein gemeinsames Militärkommando gegründet, um endlich ihre Kräfte zu bündeln. Von Einigkeit ist bislang wenig zu spüren – im Gegenteil: Malis Präsident Amadou Toumani Touré wirft vor allem Algerien unverhohlen vor, viel zu wenig gegen den Terror zu tun. Und das, obwohl Al Kaida im Islamischen Maghreb ein algerisches Produkt sei. Tatsächlich ist AQMI vor drei Jahren aus der GSPC hervorgegangen, der Widerstandsbewegung algerischer Islamisten. "Wir tragen alle Verantwortung für den Terror im Sahel, kein Land darf mit dem Finger auf seine Nachbarn zeigen", sagt der Präsident. "Andererseits darf kein Land dieses Problem einfach bei uns abladen; auch nicht Algerien. Woher kommen denn diese Verbrecher? Jedenfalls nicht aus Mali."

Terror-Hydra

Die Nerven liegen blank im Sahel, und genau das sei das Erfolgsrezept von Al Kaida im Islamischen Maghreb, analysiert Philippe Hugon, Politikwissenschaftler am französischen Forschungsinstitut IRIS. AQMI profitiere davon, dass die Sahelstaaten im Kampf gegen den Terror immer noch nicht vernünftig zusammenarbeiteten und dass sie keine gemeinsame Strategie hätten, sagt Hugon. "Je weniger die betroffenen Länder an einem Strang ziehen, desto mehr spielen sie den Terroristen in die Hände!"

Teile und herrsche – das Terrornetzwerk treibt einen Keil in die Beziehungen zwischen den Sahelstaaten und vergiftet gleichzeitig ihr Verhältnis zu Frankreich, das gezwungen ist, sich im Sinne seiner entführten Bürger und seiner wirtschaftlichen Interessen weiter einzumischen: Im Niger mittlerweile mit einem eigenen Kommandoposten und Aufklärungsflügen der französischen Luftwaffe. Dabei sei eines völlig klar, sagt der Sahel-Experte Philippe Hugon, die Terror-Hydra mit den vielen Köpfen lasse sich allein mit militärischen Mitteln sowieso nicht besiegen.

Autor: Alexander Göbel

Redaktion: Christine Harjes