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Kampf gegen böse Fette

Elena Sohn, Washington D.C.14. Dezember 2006

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg ist ein großer Verfechter gesunder Ernährung. Mutig hat er sich jetzt der großen Welle von ernährungsbedingten Krankheiten in den Weg gestellt, die die USA zu überrollen droht.

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Pünktlich zum Nikolaustag am 6. Dezember haben Bloomberg und seine Mitarbeiter ein Gesetz durchgebracht, das New Yorker Gastronomen in Zukunft dazu zwingen wird, sogenannte "Trans-Fette" von ihren Speisekarten zu verbannen. Trans-Fette, so die Auskunft vom Deutschen Institut für Ernährung, sind ungesättigte Fettsäuren, die bei der industriellen Verarbeitung von Lipiden entstehen. Beispielsweise dann, wenn flüssiges Fett gehärtet wird. Dadurch sind sie besonders in Brat- und Backfetten oder Margarine enthalten.

Von den guten zu den bösen Fetten

Das Problem bei Trans-Fetten: Mediziner und Ernährungsforscher konnten in den vergangenen Jahren anhand zahlreicher Studien nachweisen, dass sie in besonderem Maße für Herzerkrankungen verantwortlich sind. Damit sind Trans-Fette quasi die Bösewichte unter den ungesättigten Fettsäuren, die lange Zeit als die gesunde Alternative zu den dick machenden gesättigten Fettsäuren gehandelt wurden.

Strenge Vorschriften

Von Juli nächsten Jahres an darf in New Yorker Gaststätten also nur noch auf den Teller kommen, was unter 0,5 Gramm Trans-Fett pro Portion enthält. Die Umstellung wird in anbetracht der großen Anteile, die Frittiertes oder sonst wie Verfettetes auf dem täglichen Speiseplan vieler Amerikaner einnimmt, erheblich. Wie zu erwarten war, opponieren die Gastronomen lautstark, da sie hohe Mehrkosten für qualitativ hochwertigere, Trans-Fett-freie Produkte auf sich zukommen sehen.

Dass es dennoch überhaupt zu dem Gesetz kommen konnte, hat jedoch möglicherweise gerade hier seine Ursache: Denn die Lebensmittelindustrie als Belieferer der vielen Restaurants kann mit zusätzlichen Gewinnen rechnen. Wäre dem nicht so, hätte ihre mächtige Lobby mit Sicherheit einen Weg gefunden, den Entwurf zu verhindern.

Bearbeitung bringt Bares

Wer in den USA Lebensmittel herstellt, freut sich über jeden zusätzlichen Weg, sie industriell bearbeiten zu können. Diese These vertritt zumindest Marion Nestle, Ernährungswissenschaftlerin an der New York University und Autorin zahlreicher Bücher. Denn je mehr darstellbare Arbeit im Produkt stecke, umso höher sei der Preis, den man dafür verlangen könne. Und je "gesundheitsförderlicher" und kalorienfreier die Ware, umso größere Mengen würden auch abgesetzt, so ihre Erklärung.

Bei einem Gang durch hiesige Supermärkte versteht man schnell, was Nestle – die übrigens in keinerlei erkennbarem Zusammenhang mit dem gleichnamigen Konzern steht - meint. Vor dem Kühlregal beispielsweise hat man mit der Suche nach ganz normaler Milch lang zu tun: Sie versteckt sich zwischen zwanzig unterschiedlichen Packungen, die wahlweise mit Vitamin A oder D, Calcium oder weiteren Additiven angereichert sind. Ein paar Gänge weiter steht fettfreie Erdnussbutter neben zuckerfreiem Ahornsirup und propagiert: "Esst mehr, ihr lieben Leute, es ist gesund und macht nicht dick!" Und wo sonst gibt es Käse- oder Putenaufschnitt, der Dank Konservierungsstoffen über zwei Monate lang haltbar ist?

Unklare Folgen

Welche gesundheitlichen Auswirkungen all die Ersatz- und Zusatzstoffe haben, ist sehr fragwürdig. Fest steht, dass eine Vielzahl von ihnen auf dem europäischen Markt erst gar nicht zugelassen ist, weil hier zumindest in diesem Fall Verbraucherschutz vor Wirtschaftsinteressen kommt.

Bloombergs Kampf gegen die Trans-Fette ist also erfreulich, aber doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn neben der Überfettung der Nahrungsmittel ist ihre Unnatürlichkeit längst zu einem großen Problem geworden. Hinzu kommt, dass in puncto Gesundheitsbewusstsein leider gilt, was auch sonst so häufig zutrifft: New York City ist nicht Amerika.