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Korrupte Ärzte müssen mit Strafen rechnen

29. Juli 2015

Soll das Medikament nun dem Patienten helfen - oder doch eher dem Arzt, der vom Hersteller beschenkt wird? Mediziner, die sich von Arzneiherstellern bestechen lassen, droht künftig Gefängnis. Und nicht nur ihnen.

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Arzt mit Stethoskop (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Korrupten Ärzten, Apothekern, Physiotherapeuten oder Pflegekräften drohen künftig bis zu drei Jahren Haft. Besonders schwere Fälle von Bestechung oder Bestechlichkeit werden sogar mit fünf Jahren Gefängnis geahndet. Neben einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren kommt auch eine Geldstrafe infrage. Das Kabinett verabschiedete einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas gegen Korruption im Gesundheitswesen.

Gesetzeslücke für Praxen und Unternehmen

Bislang machen sich nur angestellte Ärzte strafbar, wenn sie Geld oder Geschenke beispielsweise dafür annahmen, dass sie das Medikament einer bestimmten Firma verschreiben. Bei niedergelassenen Medizinern gab es hingegen eine Gesetzeslücke.

Auf diese hatte der Bundesgerichtshof (BGH) den Gesetzgeber aufmerksam gemacht. Der Gerichtshof hatte vor rund zweieinhalb Jahren in einem umfangreichen Verfahren geurteilt, dass niedergelassene Mediziner weder als Amtsträger noch als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen handeln und deswegen die Strafrechtsbestimmungen gegen Korruption im Gesundheitswesen auf sie nicht anwendbar seien.

Auch Pharmavertreter droht Strafe

Der von Maas geplante neue Paragraf 299a des Strafgesetzbuches sieht nun eine Bestrafung für alle "Angehörigen eines Heilberufs" vor. Danach machen sich auch Pharmavertreter strafbar, die aktiv bestechen. Strafanträge können bei einem Verdachtsfall die Patienten selbst sowie Wettbewerber, Kammern und Berufsverbände stellen und auch die gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflegekassen.

Kritik von Medizinerverbänden

Ärzteverbände kritisierten den Text als nicht präzise genug. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) befürwortet den Vorstoß von Maas zwar grundsätzlich. "Aber am besten wäre es, das Gesetz benennt klare Regeln und Beispiele, wann Korruption vorliegt", sagte KBV-Chef Andreas Gassen. Nun werde es Verunsicherungen bei der Frage geben, wann Bestechung beginne.

Ähnlich argumentierte die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). Es sei keine konkrete Formulierung des Korruptionstatbestandes getroffen worden, sondern ein abstrakter Rechtsbegriff, der Unsicherheit schaffe, bemängelte KZBV-Chef Wolfgang Eßer. Dadurch drohten langwierige Gerichtsverfahren.

Gegenleistung bei Bevorzugung wird strafbar

Bundesjustizminister Maas verteidigte seinen Entwurf. "Wir werden nichts unter Strafe stellen, was heute als berufliche Kooperation erlaubt ist." Nach Angaben des Justizministeriums soll die Annahme von Vorteilen erst dann unter Strafe stehen, wenn sie als Gegenleistung für eine Bevorzugung im Wettbewerb erfolge. Beispiel seien die so genannten Kick-Back-Zahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte als Gegenleistung für die Verordnung ihrer Medikamente oder "Kopfgelder" für die Zuweisung von Patienten an ein bestimmtes Krankenhaus.

Rund 18 Milliarden Euro Verlust

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte die Vorlage von Maas im Grundsatz. Die Schwäche des Entwurfs bestehe aber darin, dass Polizei und Staatsanwaltschaft in aller Regel nur auf Antrag ermitteln, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Stattdessen sollten die Behörden selbst tätig werden, sobald ein Anfangsverdacht vorliege. Nach Angaben der Stiftung gehen den gesetzlichen Krankenkassen durch Korruption jährlich etwa 18 Milliarden Euro verloren.

cw/sti (dpa, afp)