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Kampf dem Gipfelzirkus

Alexander Kudascheff19. Juni 2002

Ende der Woche treffen sich in Sevilla die Staats- und Regierungschefs der EU. Diesmal geht es ans Eingemachte: Auf dem Gipfel steht der Gipfel selbst zur Debatte. Warum, erläutert DW-Korrespondent Alexander Kudascheff.

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In Sevilla geht es nicht nur um die europäische Agrarpolitik oder den Streit zwischen den Türken und den Griechen über die zukünftige gemeinsame europäische Verteidigungspolitik. Diesmal geht es um das Treffen an sich: Denn alle fünfzehn Großen sind unzufrieden - mit sich selbst, mit der Art und Weise wie der europäische Gipfelzirkus funktioniert.

Alles soll anders und vor allem besser werden. Dem Gipfel wurde eine Diät verordnet. In Zukunft soll er nur noch einen Tag dauern. Die Regierungschefs sollen Grundlinien festlegen und nicht mehr sich im Detail der Maastrichtlinie verzetteln. Endlich will man auch eine Tagesordnung haben - auf die man bisher zugunsten der freien Rede verzichtet hatte. Und: es soll Schluss sein mit dem Unfug, daß zu jedem Thema jeder etwas zu sagen hat - vielleicht sogar länger als sein Vorredner.

Mit einem Wort: Die Gipfel sollen schlank und effizient werden. Bravo. Aber weil man schon am Reformieren ist, geht der Veränderungsdrang geht gleich weiter - und trifft die Außenminister. Sie, die bisher für alles im allgemeinen Rat zuständig waren, sollen sich auf die Außenpolitkik konzentrieren: Den Rest sollen sie Europaministern überlassen. Die gibt es bisher nicht - jedenfalls nicht überall. Aber die Idee finden die Staats-und Regierungchefs schick. Denn diese Europaminister sollen ihnen unterstehen - also werden die Außenminister ein ganz klein bisschen entmachtet, ihr Einflussbereich auf Normalmaß reduziert.

Der allgemeine Rat mutiert zum Bonsairat. So jedenfalls sehen es die Diplomaten und wehren sich. Ob das Konzept Erfolg hat, das wird man erst in Sevilla sehen. Schließlich sind die Großen, die Kanzler, Präsidenten und Premiers zwar mächtig und einsam, aber meistens auf die Außenminister angewiesen. Und verprellen will man sie nicht unbedingt.

Aber die Idee ist trotzdem bestechend: Die Gipfel sind keine Show mehr, sondern vernünftig strukturierte Arbeitssitzungen. Die Außenminister kümmern sich um Außenpolitik und nicht mehr um alles. Und die vielen Fachräte werden auch reduziert, damit Europa eine klare Kontur bekommt. Sevilla Olé.