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Kampagne gegen Brustkrebs

Diana Fong16. April 2008

Mit 17.600 Sterbefällen im Jahr ist Brustkrebs die häufigste Tumorerkrankung bei Frauen in Deutschland. Aus diesem Grund haben Patientinnenorganisationen die 6. Europäische Brustkrebskonferenz in Berlin organisiert.

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Eine Frau läuft an pinken Puppen vor dem Lissaboner Parlament vorbei (26.10.2005, Quelle: dpa)
Mit Pink gegen den BrustkrebsBild: picture-alliance/ dpa

Renate Haidinger war 42 Jahre alt, als sie vor acht Jahren zu einer Routineuntersuchung bei ihrem Gynäkologen ging. Früher war sie eine Kunstauktionatorin und spielte in ihrer Jugend Profi-Basketball, war also fit und führte ein gesundes Leben. Sie hat in ihrer Familie keine Fälle von Brust- oder Gebärmutterkrebs und hat um die 30 Jahre selber zwei Kinder bekommen. Nachwuchs in jungen Jahren zu bekommen schützt vor Brustkrebs.

Ein Arzt zeigt ein Mammographiegerät (Quelle: AP)
Frühe Vorsorgeuntersuchungen verringern die KrebsgefahrBild: AP

Haidinger gehörte also eigentlich zu der Gruppe mit geringem Risiko. Noch dazu, da die Mehrheit der Brustkrebsfälle bei 50-Jährigen und älteren Frauen auftauchen. Und trotzdem wurde in ihrer linken Brust nach einem Sonogramm ein erbsengroßer Knoten entdeckt, der sich als bösartig herausstellte.

Der Tumor, der mittlerweile bis auf drei Zentimeter angewachsen war, wurde innerhalb einer Woche entfernt. Es folgte eine Chemotherapie, bei der sie alle Haare verlor. Der Krebs wuchs weiter und wurde so aggressiv, dass Renate Haidinger sich dazu entschloss, ihre komplette Brust und die Lymphknoten entfernen zu lassen.

Brustkrebs-Hotline

Eine von acht Frauen in Deutschland steht vor dem Risiko Brustkrebs zu bekommen. Renate Haidinger ist heute nur am Leben, weil ihr Brustkrebs in einem frühen Stadium entdeckt und behandelt wurde.

Die Sterberate ist in nur drei Jahren (von 2001 bis 2004) von 40 auf 32 Prozent gesunken, besagt die letzte Gesundheitsstatistik des Robert-Koch-Institutes in Berlin. Nach Meinung von Experten liegt es daran, dass der Krebs bei Frauen früher diagnostiziert wird. Und daran, dass die Krebszellen im Frühstadium entfernt werden, bevor sie die Möglichkeit haben, sich über die Lymphknoten in die Blutbahnen und zu den lebensnotwendigen Organen auszubreiten.

Kind saust an der Mutterbrust (Quelle: Bilderbox)
Zu einem frühen Zeitpunkt Kinder zu bekommen, verringert die Gefahr von BrustkrebsBild: Bilderbox

Ihren Brustkrebs zu bekämpfen gab Renate Haidinger einen neuen Lebenssinn. 2001 gründete sie Brustkrebs-München e.V., eine psychologische Hilfsgruppe aus Brustkrebsüberlebenden wie sie es ist. Im letzten Jahr hat die Hotline 4000 Telefonanrufe bekommen und die Zahl wächst.

Zwei Jahre später hat Haidinger mit Hilfe des US-Kosmetikgiganten Estée Lauder und anderen Sponsoren die Brustkrebs Deutschland e.V. (DBKH) mitgegründet. Sie verbreitet und fördert das Bewußtsein für Brustkrebs in Deutschland."Als ich anfing, wollte niemand irgendetwas mit Brustkrebs zu tun haben. Jetzt kommen die Unternehmen auf uns zu", sagt Haidinger.

Die deutsche Firma Rowenta, die Haushaltskleingeräte herstellt, trat der Organisation 2007 bei. Sie kreierte einen Verkaufsschlager in Form eines pinkfarbenen Bügeleisens und spendete aus dessen Verkauf 30.000 Euro. "Antenne Bayern", ein privater Radiosender aus Bayern, sponsert die gebührenfreie DBKH-Hotline, unter der Gynäkologen, Chirurgen und Brustkrebsspezialisten medizinische Fragen beantworten.

Sponsoren und Stars springen auf den fahrenden Zug auf

Zu den beteiligten Sponsoren von DBKH zählen mittlerweile internationale Pharmaunternehmen, wie Hoffmann-LaRoche, GlaxoSmithKline und Pfizer. Aber auch das Hard Rock Café und Kleidermarken wie Willy Bogner und Rosner sind mit von der Partie.

Liz Hurley (l.) und Gwyneth Paltrow in Pink bei einer Brustkrebs-Stiftung (8.4.2008, Quelle: AP)
Liz Hurley (l.) und Gwyneth Paltrow in PinkBild: AP

Auch deutsche Prominente folgen dem Beispiel von Publicity im US-Stil, Modeshows und Benefiz-Veranstaltungen. Im "Monat des Brustkrebses", der weltweit im Oktober stattfindet, war sogar das Brandenburger Tor in Berlin in pinkes Licht getaucht. Pink ist die Farbe für die Aufklärung über Brustkrebs. Im Oktober 2008 soll es eine "pinke" Lese-Tour von Prominenten geben.

In den USA ist die pinke Kampagne über Brustkrebs präsenter und weiter verbreitet als in Deutschland: dort gibt es ganze Demonstrationen und Laufstege, die mit pinken Bändern, pinken Regenschirmen und pinkem Krimskrams überfrachtet sind.

Aufklärung und Zugang

Susan Knox, eine US-Amerikanerin, die Brustkrebs überlebt hat, und Geschäftsführerin der in Mailand ansässigen europäischen Rechtsanwaltskanzlei Europa Donna sagt, dass es kein Land gibt, in dem die Aufklärung über den Brustkrebs so groß wie in den USA ist. "Europäer haben grundsätzlich einen anderen Zugang, wenn es darum geht, Lobbying für das Gesundheitswesen zu betrieben." Bewußtsein für die Gefahr sei gut, sagt Knox, aber ebenso der Zugang zu guter medizinischer Vorsorge und modernster Technologie zum Behandeln von Brustkrebs.

"In Europa arbeiten wir am gleichen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und an einem hohen Standard in der Behandlung von Brustkrebs", sagt Knox. Die meisten europäischen Länder haben nationale Gesundheitssystem, die eine allgemeine Versorgung garantieren, so dass in der Aufklärung über Brustkrebs die Regierung eine Schlüsselrolle spielt.

Screening-Programme

Mammographie und frühe Krebsermittlung am Universitätsklinikum Jena(4.7.2007, Quelle: dpa)
Mammographie soll bei der Früherkennung helfenBild: picture-alliance/ dpa

Anfang April 2008 veranstaltete Ulla Schmidt, die deutsche Gesundheitsministerin eine Konferenz über ein Mammographie-Screening-Programm, das allen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren in Deutschland kostenfrei zugänglich ist. Sobald eine Frau 50 wird, bekommt sie alle zwei Jahre ein Schreiben mit einer Einladung, an einem kostenlosen Screening im nächstgelegenen Mammographie-Zentrum teilzunehmen. Wenn sie in einer entlegenen ländlichen Gegend lebt, kommt der mobile Mammographie-Dienst zu ihr.

"Diese Initiative ist ein Ergebnis von Lobbyarbeit auf europäischer Ebene", sagt Knox. Europa Donna, für die sie arbeitet, sponsert auch die viertägige Europäische Brustkrebskonferenz EBCC (15.-19.4.2008) der ECCO in Berlin. ECCO ist eine Dachorganisiation, die das Miteinander von Organisationen, Behandlung und Aufklärung rund um das Thema Brustkrebs fördert.

"Was die frühzeitige Entdeckung angeht, sind die Amerikaner immer noch an der Spitze", sagt Renate Haidinger. Vor einigen Jahren war die durchschnittliche Größe von Brustkrebstumoren bei deren Entdeckung in den USA 1,1 Zentimeter groß. Der Durchschnitt in Deutschland war zwei Mal so groß. "Es gibt Verbesserungsbedarf, aber wir holen auf. Die Erfolge für die Patientinnen werden bei uns immer besser und besser", sagt sie.