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Der Georg-Büchner-Preis geht an Lyriker Jürgen Becker

Annabelle Steffes30. Mai 2014

Der Büchner-Preis gilt als wichtigste literarische Auszeichnung Deutschlands: In diesem Jahr geht er an den Lyriker Jürgen Becker, dessen Werk die deutschsprachige Dichtung über Generationen geprägt hat.

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Schriftsteller Jürgen Becker
Bild: picture-alliance/dpa

"Wenn ein Werk geeignet ist, das verbreitete Misstrauen gegenüber der Lyrik zu beseitigen, sie sei zu anspruchsvoll, zu schwierig, zu unzugänglich, dann ist das Jürgen Becker", so Heinrich Detering, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zur Jury-Entscheidung. Becker sei einer der wichtigsten Lyriker und Prosaisten der deutschen Gegenwartsliteratur und überdies Vorbild und Inspiration für etliche junge Autoren. Dabei war Beckers literarischer Weg alles andere als vorgezeichnet.

Vom Studienabbrecher zum Verlagsleiter

Am 10. Juli 1932 in Köln geboren, verbrachte Jürgen Becker seine Kindheit in Köln und Erfurt. Nach seinem Abitur studierte er Theaterwissenschaften, Germanistik und Kunstgeschichte in Köln. 1954 brach er sein Studium nach drei Semestern ab und war danach in vielen verschiedenen Berufen tätig. In diese turbulente Zeit fielen seine ersten schriftstellerischen Versuche, die unter anderem in dem Band "Phasen" ihren Niederschlag fanden. Von 1959 an arbeitete Becker beim Westdeutschen Rundfunk in Köln und war ab 1964 Verlagslektor bei Rowohlt in Hamburg. Von 1965 bis 1967 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Seit 1968 ist Becker freier Schriftsteller, was ihn allerdings nicht davon abhielt, zudem ab 1973 die Leitung des Suhrkamp-Theaterverlags zu übernehmen. Von 1974 bis 1993 leitete er die Hörspielabteilung des Deutschlandfunks.

Seine ersten Prosabände "Felder" und "Ränder" (1964) machten Becker zunächst als Autor experimenteller Texte bekannt, bevor er sich als Lyriker hervortat. Zu seinem weiteren Werk gehören unter anderem die Bände "Das Ende der Landschaftsmalerei", das "Journal der Wiederholungen" und die Romane "Aus der Geschichte der Trennungen" und "Schnee in den Ardennen". Jürgen Becker hat über einen Zeitraum von mehr als vier Jahrzehnten ein vielschichtiges poetisches Werk geschaffen, in das die eigene Biografie, Geschichte und Politik Eingang fanden.

Die Welt und die Sprache aufmerksamer wahrnehmen

Heinrich Detering, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zufolge gehört Jürgen Becker zu den Klassikern der deutschen Gegenwartsliteratur. Mit der Vergabe des Büchner-Preises wolle man nicht nur sein herausragendes Werk ehren, sondern es vor allem neuen und jungen Lesern zugänglich machen: "Seine Texte zeigen uns die Welt, in der wir leben auf eine ganz neue Weise", so Detering im DW-Interview. Mit sprachlicher Brillanz und einer großen Liebe zum Detail erkundet Becker die umgebende Natur stets nach Spuren der Geschichte und geschichtlicher Katastrophen. Aber Becker wirft auch einen Blick auf die menschlichen Beziehungen und unseren Mediengebrauch, der in seinem Werk eine große Rolle spielt. "Er zeigt uns das Alltägliche so, dass wir nach der Lektüre seiner Texte mit neuen Augen darauf schauen und dieses Erlebnis wollen wir mit der Vergabe des Preises mehr Leserinnen und Lesern zugänglich machen."

Porträt - Heinrich Detering
Heinrich Detering, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und DichtungBild: Akademie für Sprache und Dichtung

In den letzten Jahren wurden mit Felicitas Hoppe und Sybille Lewitscharoff zwei jüngere Autorinnenen ausgezeichnet. Mit 81 Jahren blickt Jürgen Becker zweifellos auf ein umfangreiches und reichhaltiges Lebenswerk zurück. "Aber wir ehren ihn nicht nur im Rückblick, darauf legen wir besonderen Wert, sondern auch im Hinblick darauf, dass er immer noch ein außerordentlich produktiver und innovativer Autor ist", erklärt Heinrich Detering. Jürgen Becker wurde als Lyriker, Hörspiel- und Prosaautor bereits vielfach ausgezeichnet, unter anderem erhielt er den Peter-Huchel-Pres (1994) und den Hermann-Lenz-Preis (2006).

Sibylle Lewitscharoff Archivbild 10.05.2013
Sybille Lewitscharoff: Preisträgerin des Büchner-Preis 2013Bild: imago

Viele prominente Preisträger

Als Georg-Büchner-Preisträger reiht er sich nun in die Mitte vieler herausragender Autoren ein. Günter Grass (1965), Heinrich Böll (1967), Erich Kästner (1957) und Elfriede Jelinek (1998) etwa wurden mit der bedeuteten Ehrung bedacht, die schon seit 1951 jedes Jahr von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung im hessischen Darmstadt verliehen wird. Das Jahr 1952 bildet die einzige Ausnahme. Damals konnte man sich nicht auf einen Preisträger einigen. Namensgeber ist der deutsche Revolutionär und Dramatiker Georg Büchner, der 1813 im Großherzogtum Hessen geboren wurde und 1837 in Zürich starb.

Die Auszeichnung können Schriftsteller und Dichter erhalten, "die in deutscher Sprache schreiben, durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten und die an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben". Erstmals verliehen wurde der Preis am 11. August 1923 vom "Volksstaat Hessen", damals "an bildende Künstler, an Dichter, an Künstler, an hervorragende ausübende Künstler, Schauspieler und Sänger". 1951 wurde die Auszeichnung in einen Literaturpreis umgewandelt und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zur Verfügung gestellt.

Georg Büchner
Der Revolutionär und Dramatiker Georg BüchnerBild: picture alliance/dpa

Wer die Laudatio für Jürgen Becker halten wird, gibt die Akademie in der kommenden Woche preis. Die feierliche Verleihung des Preises, der mit 50.000 Euro dotiert ist, findet Ende Oktober in Berlin statt.