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Politik

Juristischer Erfolg für türkischen Salafisten

9. Januar 2018

Deutsche Gerichte müssen vor der Abschiebung von verurteilten Terrorunterstützern in die Türkei die Gefahr von Folter ausschließen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht. Konkret ging es um einen IS-Unterstützer.

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Deutschland Moslems in Bremen
Bild: picture-alliance/dpa/W. Rothermel

Die obersten Richter in Karlsruhe entschieden im Fall eines in Deutschland zu einer Haftstrafe verurteilten türkischen Terrorunterstützers. Es habe "ernsthafte Anhaltspunkte für eine Foltergefahr" für den Islamisten in seiner Heimat gegeben, die nicht hinreichend geprüft worden seien, heißt es in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts.

Außerdem hätte gegebenenfalls die Zusicherung in der Türkei eingeholt werden müssen, dass der Mann nach seiner Rückkehr dort rechtsstaatlich behandelt werden würde. Mit der Entscheidung stoppte das Bundesverfassungsgericht die Abschiebung eines Unterstützers der Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) - zumindest bis zu einer weiteren Klärung durch das zuständige Verwaltungsgericht.

Verbindungsmann zu gleich mehreren Terrorgruppen

In dem verhandelten Fall ging es um einen in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Mann, der 2015 vom Kammergericht Berlin zu dreieineinhalb Jahren Haft verurteilt worden war. Nach Überzeugung der Richter hatte er sich salafistischen Kreisen angeschlossen und die Terrororganisation Junud al-Sham unter anderem mit erheblichen Geldsummen unterstützt.

Außerdem hatte er über Mittelsmänner Geld auf ein Konto der Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) überwiesen, nachdem er zuvor unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bei einer Bank einen Kredit von 25.000 Euro aufgenommen hatte.

2016 drohte die Ausländerbehörde dem heute 30-Jährigen die Abschiebung in die Türkei an. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Mannes blieb ebenso wie der im August 2017 gestellte Asylantrag erfolglos.

Verfassungsrichter sehen weiteren Klärungsbedarf

Der Betroffene legte gegen die Entscheidungen Verfassungsbeschwerde ein und wandte ein, dass in der Türkei ein Strafverfahren gegen ihn anhängig sei, wegen Unterstützung einer islamistischen Terrororganisation und ihm Folter drohe. Als Beleg für die Verfolgungsgefahr in der Türkei hatte unter anderem ein Schreiben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International vorgelegt, in dem es hieß, dass in Gefängnissen sitzende türkische Terrorverdächtige dort schwer misshandelt worden seien. Das Verwaltungsgericht Gießen lehnte den Eilantrag mit der Begründung ab, dass in der Türkei nur PKK-Mitgliedern und Anhängern der Gülen-Bewegung Folter drohe.

Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass diese Sachverhalte nicht ausreichend beachtet worden seien und befanden, das zuständige Verwaltungsgericht müsse neu über den Fall entscheiden. Die Karlsruher Verfassungsrichter entschieden allerdings ausdrücklich nicht darüber, ob islamistische Terrorverdächtige generell in der Türkei mit Folter durch staatliche Institutionen zu rechnen haben.

qu/as (dpa, rtr, afp, epd)