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Junges Blut im Europäischen Parlament

9. Juli 2009

Jan Albrecht ist für die Grünen ins Europaparlament gewählt worden. Die offizielle Arbeit beginnt erst, doch muss viel vorbereitet werden: Mitarbeiter einstellen, Kollegen treffen und sich im Parlament zurechtfinden.

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Jan Philipp Albrecht (Foto: dpa)
Jan Philipp Albrecht ist einer der neuen EU-ParlamentarierBild: picture-alliance/ dpa

Beim Frühstück muss sich Jan Albrecht erst mal mit Eiern, Käse, Körnerbrötchen, Banane, Saft und Joghurt stärken. "Mein erster Gedanke heute Morgen war, das wird ein ganz schön stressiger Tag", sagt er. Gleichzeitig bespricht er mit seinen Mitarbeitern Jennifer Jasberg und Korbinian Deuchler das Tagesprogramm. Heute warten viele Termine und er weiß, zum Essen wird er später kaum mehr kommen – ein ordentliches Frühstück ist ein Muss. Um neun Uhr wirkt er noch etwas müde und seine blonden kurzen Haare sind zerzaust.

Eine halbe Stunde später machen sich die drei auf in Richtung Sitzungssaal. Jan Albrecht trägt einen schwarzen Pullover, dunkle blaue Jeans und schwarze Turnschuhe. Anzug und Krawatte, das passe nicht zu ihm, sagt er. Im Saal sucht er auf den langen in Halbkreisen angeordneten Schreibtischen sein Namensschild. "Ich sitz vorne links, da das hier nach Alphabet aufgereiht ist. Es ist aufregend, da vorne zu sitzen. Man hat einen ganz guten Blick, man kann mit seinem Stuhl sich einmal so rumdrehen und alle ansehen, wenn sie reden und ist direkt vor dem Präsidium, das eben vorne vor allen Abgeordneten sitzt und die Sitzung leitet."

Terminlisten und Klebezettel

Plenarssal in Brüssel (Foto: dpa)
Im Plenarssal in Brüssel muss sich Albrecht erst zurechtfindenBild: picture-alliance/ dpa

Angekommen an seinem Platz schaltet Jan Albrecht erstmal seinen Laptop ein, auf dem ein großer Anti-Atomkraft-Aufkleber prangt. Dann beginnt die Diskussion um den Vorsitz des Kultur- und Umweltausschusses und den Vizepräsidenten - in drei Sprachen: auf Englisch, Französisch und Deutsch. Über Kopfhörer kann er die Dolmetscher hören. Der 27-Jährige meldet sich nicht zu Wort. Er hat einen Finger an den Mund gelegt und verfolgt aufmerksam die Debatte. Doch irgendwann, gibt er zu, schweifen seine Gedanken ab.

"Es geht einem schon ein bisschen durch den Kopf, was muss ich noch machen, was muss ich noch organisieren", sagt er. "Manche Phasen der Sitzungen, in denen man nicht unbedingt derjenige ist, der einbezogen ist, nutzt man, um im Kopf noch mal durchzugehen: Was liegt jetzt noch vor mir? Wie geht's weiter? Und dann geht es meistens ja schon zum nächsten Termin."

Um den Überblick zu behalten, hat Jan Albrecht Aufgaben- und Termin-Listen mit bunten Klebezetteln angelegt und ein kleines Buch für spontane Ideen immer parat. Und er hat seine Mitarbeiter, die für ihn planen, organisieren und ihn beraten. "Wenn es so um die Arbeitsverträge geht und das ganze Organisatorische, das macht mir nicht so viel Spaß, weil es eigentlich Stress macht und ich die hohe Verantwortung für die Angestellten spüre. Aber wenn es darum geht, das Büro einzurichten und gemeinsam mit den Mitarbeitern zu planen. Das macht verdammt viel Spaß."

"Was willst Du denn hier?"

Jan Albrecht (Foto: Nina Plonka)
Hat viel zu organisieren: Jan AlbrechtBild: DW

Endlich Mittagspause, doch Zeit zum Ausruhen hat Albrecht nicht. Er geht auf eine Demonstration gegen die Diskriminierung von Homosexuellen. Einige Kollegen aus der Fraktion sind ebenfalls mit dabei. Bei den Grünen fühlt er sich akzeptiert. "Mir ist eigentlich bisher nichts entgegengekommen, dass ich von oben herab betrachtet wurde", sagt er. "Zumindest bei den Grünen ist das so. Wenn ich im Parlament sitze, dann kommen vielleicht ein paar Ältere von den anderen Parteien und sagen: 'Was willst du denn hier?'"

Nach der Demo kehrt der junge Abgeordnete ins Parlament zurück, um den Nachmittag mit weiteren Sitzungen zu verbringen. Am Ende schreibt Jan Albrecht schnell noch eine Twitter-Nachricht, bevor er gegen 17:30 Uhr zum nächsten Programmpunkt, dem Empfang der Europäischen Grünen Partei, aufbricht.

Trotz des langen Arbeitstages sieht Albrecht überraschend frisch aus: Bei Saft, Wein und vegetarischen Häppchen plaudert er mit anderen Grünen Politikern und Freunden der Partei und stellt sich ihnen vor. Gegen 20 Uhr muss Albrecht weiter: Weil er am Morgen wieder nach Deutschland fährt, ist nun ist die letzte Gelegenheit, ein Vorstellungsgespräch mit einem potentiellen Mitarbeiter für sein Brüsseler Büro zu führen. Anschließend wird er mit seinen Mitarbeitern noch die Ereignisse des Tages besprechen und so seinen 16-Stunden-Tag beenden.


Autorin: Nina Plonka

Redaktion: Andreas Ziemons