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Junckerland, Europaland

Alexander Kudascheff4. Januar 2005

Die Luxemburger kommen: Sie sind erfahrene Europäer - allen voran ihr ebenso charmanter wie listiger Ministerpräsident Jean-Claude Juncker. Bis zum Sommer führt er jetzt die Geschicke der Europäischen Union.

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Juncker ist Mr. Euro - weil er in den nächsten zweieinhalb Jahren auch die Euro-Gruppe führen wird. Und er ist Mr. Europa - weil ihm seine Kollegen alles in der EU zutrauen: Sei es der Job des Kommissionspräsidenten, sei es der neue Job des Ratsvorsitzenden. Wenn Juncker etwas werden will - er würde es sicher erreichen, was auch immer es ist. Vorläufig aber muss er erst einmal die nächsten sechs Monaten schultern. Und er hat dabei zwei Aufgaben vor sich, für die er allerdings – wie könnte es anders sein – auch besonders befähigt scheint.

Zum einen ist da die Reform des Stabilitätspakts. Es steht fest, dass das rigide Regelwerk reformiert werden soll. Vor allem deshalb, weil so viele Länder es unterlaufen, darunter Frankreich und Deutschland. Nachdem beide Länder bei dem Versuch gescheitert sind, weniger Schulden zu machen, ganz zu schweigen davon, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, wird der Stabilitätspakt refomriert. Und das heißt: Er wird weicher ausgelegt werden, bestimmte Ausgaben werden aus ihm herausgerechnet. Wie das genau aussehen soll, wird man spätestens im März auf dem nächsten Gipfel sehen. Dann wird Juncker sein Papier vorlegen – und bestimmt werden die Staats- und Regierungschefs mal wieder zufrieden sein mit dem, was er ausgetüftelt hat.

Zum anderen muss Juncker die Haushaltsplanungen für die Jahre 2007 bis 2013 vorantreiben. Und das ist ein weitaus dickerer Brocken als die Stabipakt-Reform. Denn hier geht es um das Geld, das die einen geben müssen und die anderen haben wollen. Die Sache hat einen Haken: Die, die geben sollen, wollen nicht so viel herausrücken wie die anderen haben wollen. Die Nettozahler haben sich zu einer Allianz zusammengeschlossen und beschlossen: Wir zahlen nicht mehr als ein Prozent des Bruttosozialprodukts. Die Kommission und die Empfängerländer wollen mehr - bis zu 1,24 Prozent des BIP. Da einen Kompromiss zu finden, das erfordert einen ganzen Juncker. Schafft er es nicht, dann hätte die EU ein Problem – denn nach den Luxemburgern kommen die Briten. Mit denen ist nicht gut verhandeln über einen Mehrbeitrag. Denn London verteidigt gerade bei den Haushaltsverhandlungen nationalstolz seinen von Maggie Thatcher ausgehandelten Rabatt in Höhe von rund sechs Milliarden Euro.

Fazit: Luxemburg hat wahrscheinlich zwei besonders wichtige, aber nach außen hin eher unspektakuläre Probleme zu lösen. Gelingt das Juncker, dann wird er ganz sicher der Europäer des Jahres.