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Jumbos im Stau

Patrick Tippelt4. Juli 2005

Elefanten gehören zu den wichtigsten kulturellen Symbolträgern Thailands. Doch viele müssen im stickigen Verkehr Bangkoks leben und um ihr Leben betteln, weil es ihren Besitzern an Geld fehlt.

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Die grauen Riesen entzücken nicht nur Touristen. Viele Thais versprechen sich ein bisschen Glück von oben, wenn sie für 5 Cent ein paar Stücke Bambus kaufen und an die Elefanten verfüttern, denen sie zu jeder Tageszeit in Bangkok begegnen können. Hunderte der gutmütigen Tiere sind unterwegs auf den verstopften Straβen der Stadt. Ein Mahout (Elefantenhüter) führt das Tier umher, während sein Helfer den Bambus an die Leute bringt. Für so manchen Touristen sind die Jumbos ein Symbol der Stadt.

Thailands Jumbo-Mythos

Elefanten sind gewaltige Sympathieträger. Jumbos sind eines der mächtigsten kulturellen Symbole Thailands: Bis 1917 erschien ein weißer Elefant auf der Flagge des Landes. Weiße Elefanten waren mystische Wesen, deren Besitz einem König immense Macht zutrug. Die Dickhäuter lebten im Königspalast und hatten einen Badeplatz am Fluss. Thailands Elefantenarmeen waren in ganz Südostasien gefürchtet. Normalsterbliche nutzten die Tiere auf Reisfarmen und im Dschungel, wo sie flächendeckendes Abholzen ermöglichten.

Noch heute stellen Elefanten im entlegenen Dschungel an der Grenze zu Burma ein wichtiges Transportmittel dar. Touristen kommen derweil entweder während Elefanten-Treks mit den Jumbos in Berührung oder in der Stadt Surin, nordöstlich von Bangkok, die auf der ganzen Welt bekannt ist für ihren alljährlich im November stattfindenden Elefanten-Karneval, zu dem sich Tausende von Besuchern einfinden, um die Dickhäuter bei Fußballturnieren, Wettrennen, akrobatischen Darbietungen und Tauziehen zu bestaunen (der Höhepunkt ist eine Elefantenschlacht mit Schwerterklirren, Kanonendonner und Flammenwand). Ein exklusives Erholungsgebiet im Norden Thailands hat sich ganz auf Jumboliebhaber eingestellt: Im Anantara Goldenen Dreieck kann man ein mehrtägiges Programm buchen, bei dem man zu einem Elefantenhüter ausgebildet wird.

Sozialfall Elefant

Auch die tierische Mithilfe beim Abholzen existiert heutzutage, auch wenn es vor einiger Zeit verboten wurde. Das Gesetz verwandelte die Elefanten in Sozialfälle, denn oft wurden sie von ihren Besitzern vernachlässigt, misshandelt oder einfach im Stich gelassen. Den Hütern blieb nicht viel anderes übrig, denn ihnen fehlte das Geld fürs Futter. So fanden Hunderte von windigen Jumbo-Besitzern einen anderen Weg, gutes Geld mit den Tieren zu machen: sie zogen nach Bangkok. Dass die Elefanten, die durch die Straβen Bangkoks wandern, durch das moderne Stadtleben Stress und Verschmutzung ausgeliefert sind, bedeutet ihnen weniger als die oft beträchtlichen Summen, die die Tiere ihnen einbringen – bis zu 500 Euro erbettelt ein Elefant monatlich.

Massenerschieβungen

Doch vor anderthalb Jahren sollte Bangkok während der Vorbereitungen für eine pan-pazifische Konferenz von allem, das dem Image Thailands schaden könnte, gesäubert werden. Der damalige Gouverneur der Stadt kam auf die Idee, das Marodieren der knapp 300 Dickhäuter in Bangkok einzudämmen. Es kam beinahe zu einem Massenmord, als der Politiker vorschlug, die Tiere und ihre Hüter zu verbannen und die Tiere der Hüter, die sich dagegen wehrten, zu erschieβen.

Soweit kam es dann glücklicherweise doch nicht. Stattdessen begann man mit dem Aufbau eines Elefanten-Heims in Surin, Thailands Jumbometropole. Doch dem Staat fehlt das nötige Geld für die Fertigstellung. Knapp acht Millionen Euro werden benötigt, die das Parlament aber nicht bewilligen will. Ob aus Geldknappheit oder Starrsinn – das Reservat existiert auch ein Jahr später nur auf Blaupausen. So werden sich Touristen und Thais auch weiterhin an den bettelnden Elefanten erfreuen können. Das offensichtliche Leid der Tiere steht auch weiterhin hintan.