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Journalisten zwischen den Fronten

Bettina Marx, Tel Aviv26. März 2004

Seit Israels Armee Hamas-Führer Jassin mit Raketen tötete, dürfen israelische Journalisten nicht mehr in den Gazastreifen. Auch ausländischen Reportern macht Israel die Arbeit dort schwer, wie Bettina Marx berichtet.

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Israelischer Soldat im GazastreifenBild: AP

Der große Parkplatz am Grenzübergang ist fast leer. Nur ein paar Autos mit den aufgeklebten Buchstaben "TV" stehen hier. Sie gehören ausländischen Journalisten, die zu Fuß den Grenzübergang in den Gazastreifen passiert haben, um über die Stimmung kurz nach dem Tod von Hamas-Führer Scheich Ahmed Jassin zu berichten. Mit dem Auto kommt man schon lange nicht mehr hier rein.

Und seit dem Tag des israelischen Raketenangriffs auf Jassin und seine Begleiter dürfen auch israelische Journalisten nicht mehr in den Gazastreifen. Die Armee hat es untersagt, denn sie fürchtet, dass sie dort von radikalen Gruppen gekidnappt werden könnten. Schlomi Eldar, Reporter des Zehnten Fernsehkanals, hat gegen diese Entscheidung das Oberste israelische Gericht angerufen. Seit fast 14 Jahren berichtet er aus den palästinensischen Gebieten und liefert ausgezeichnete Reportagen. Doch das Gericht hat Eldars Eingabe zurückgewiesen und die Entscheidung des Militärs bestätigt.

Arbeit torpediert

Carmela Menasche, die unerschrockene Militärreporterin des israelischen Radios, bringt diese Entscheidung in Rage. "Meiner Meinung nach instrumentalisiert hier die Armee wieder die Frage der Sicherheit, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen", sagt sie. "Es kann ja sein, dass israelische Bürger in den palästinensischen Gebieten gefährdet sind und auch israelische Journalisten, aber Journalisten arbeiten auch im Westjordanland und im Libanon, im Kosovo und in Bagdad. Es kann nicht sein, dass die Armee ihre Mittel ausnutzt, um die Arbeit der Journalisten zu torpedieren."

Das Verbot der Armee betrifft nur die israelischen Journalisten. Ausländische Reporter können relativ problemlos in den Gazastreifen ausreisen. Diese Journalisten werden meist nach der Abwicklung der Grenzformalitäten von einem schwer bewaffneten Soldaten an den stark bewehrten Grenzübergang gebracht. Erst müssen sie durch ein Eisentor, dann durch ein Drehkreuz. Danach geht es einen langen Gang entlang, etwa einen halben Kilometer zwischen zwei hohen Mauern. Am Ende des Gangs sitzen die palästinensischen Grenzkontrolleure. Sie schreiben die Namen und Passnummern auf und winken die Journalisten durch.

Freundliches Willkommen

Von den im Gazastreifen angeblich drohenden Gefahren bekommt man nicht viel mit. Journalisten werden überall freundlich aufgenommen. Die rund 1,3 Millionen Palästinenser, die schon seit Jahren im Gazastreifen eingesperrt sind, hinter einem unüberwindbaren Zaun, der das kleine Gebiet vollständig umgibt, sie freuen sich, wenn sich die Weltöffentlichkeit für sie interessiert.

Die israelische Armee kann das nicht verhindern, aber sie kann die Berichterstattung erschweren. Zum Beispiel, indem sie ... ... die ausländischen Journalisten bei der Wiedereinreise umständlichen Kontrollen unterzieht und sie mitunter stundenlang aufhält.

Im Käfig gefangen

Seit sich vor einigen Wochen eine Selbstmordattentäterin am Grenzübergang Eres in die Luft gesprengt und dabei vier Israelis getötet hat, wurden die Sicherheitsvorkehrungen hier drastisch verschärft. Einreisende - und das sind in diesen Tagen in der Regel ausländische Journalisten, Diplomaten und UN-Mitarbeiter - müssen erst durch einen Metalldetektor gehen und werden dann in eine Sicherheitsschleuse gelassen. Das ist eine Art Käfig, auf zwei Seiten von hohen Betonmauern und auf zwei Seiten von Eisengittern eingeschlossen. Hier gibt es weder eine Toilette noch Trinkwasser. Nur eine kleine Bank steht an der Wand. Hier müssen die Journalisten warten, bis ihre Papiere überprüft sind. Wie lange? "Keine Ahnung", sagt der Soldat achselzuckend, der von draußen durch die Gitterstäbe späht. Vielleicht eine Stunde, vielleicht aber auch zwei. Ein Journalist berichtete, dass er vier Stunden hier sitzen musste. Wer da kein funktionierendes Handy dabei hat, um seine Redaktion zu informieren, ist aufgeschmissen.

Doch auch wenn man aus dem Käfig herausgelassen wird, ist man noch längst nicht frei. Erst müssen die Taschen kontrolliert werden, dann muss man durch einen Metalldetektor gehen, dann geht es weiter zur Passkontrolle. Hier hat die Armee dann die letzte Möglichkeit, die ausländischen Journalisten ohne Erklärung aufzuhalten. Die umständlichen und zeitraubenden Kontrollen führen letztlich dazu, dass immer weniger Journalisten die Prozedur auf sich nehmen, und aus dem Gazastreifen berichten. Die Armee kann dann unbeobachtet schalten und walten.