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Wahlen in Portugal

26. September 2009

Bei der Parlamentswahl in Portugal droht der sozialistischen Regierung von José Socrates ein Machtverlust. Seine absolute Mehrheit kann Socrates an diesem Sonntag wahrscheinlich nicht halten.

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José Socrates (Foto: AP)
Sorge um seine Zukunft? Regierungschef SocratesBild: AP

Braungebrannte Haut, strahlend braune Augen, graumelierte Haare, perfekt sitzende Anzüge und ein jungenhaftes Lächeln: Der 52-jährige José Socrates sieht aus wie ein portugiesischer George Clooney, ist aber der Regierungschef des Landes. Vor vier Jahren haben ihn die Portugiesen mit absoluter Mehrheit gewählt - die erste für die Sozialisten in Portugal.

Sinkende Beliebtheit

Manuela Ferreira Leite (Foto: picture-alliance/dpa)
Socrates' Gegnerin: Manuela Ferreira LeiteBild: Picture-alliance/dpa

"Portugal hat ab heute eine neue Mehrheit und eine neue Hoffnung für die Zukunft", sagte Socrates damals. Doch heute, vier Jahre später, kommt er bei den Portugiesen nicht mehr so gut an. Umfragen zeigen, dass "Regieren mit absoluter Mehrheit" für viele strapazierende Überlänge hat. An diesem Sonntag (27.09.2009) stimmen die Portugiesen über ihr neues Parlament ab.

Das hat auch damit zu tun, dass Socrates sogar unter Freunden als überheblich gilt. Bei Fragen unbequemer Journalisten zeigt er oft bemerkenswert dünne Haut. Besonders die sogenannte "Freeport-Affäre" schadete seinem Ansehen: Als Umweltminister hatte er 2002 den Bau eines Outlet-Centers in einem Schutzgebiet erlaubt. Es gibt keine offiziellen Ermittlungen, doch den Korruptionsverdacht wird Socrates nicht los.

Portugiesen haben genug von den Reformen

Vor allem aber hat Socrates in den vergangenen Jahren mit der Umsetzung seines zunächst bejubelten Programmes viele Anhänger vergrätzt. "Konkret werden wir auf Wirtschaftswachstum setzen, auf die Zurückgewinnung von Arbeitsplätzen und auf den Abbau von Ungleichheiten in Portugal. Das ist unser Programm", sagte er. In der Praxis hat sich Socrates vor allem bemüht, das Haushaltsdefizit Portugals zu drücken - doch der rigorose Sparkurs und unbequeme Reformen haben die wirtschaftliche Situation der meisten Portugiesen nicht spürbar verbessert.

Da hilft es auch wenig, dass die Regierung seit einiger Zeit versucht, das Publikum mit Spezialeffekten bei der Stange zu halten: kostenlose Impfungen gegen Gebärmutterhalskrebs, mehr Kindergeld und praktisch kostenlose Computer für alle Schüler. Bei den Europawahlen im Juni stimmten trotzdem nur 26,6 Prozent für die regierenden Sozialisten.

Kopf-an-Kopf-Rennen

Eine Straße mit alten Häusern in Portugal (Foto: Nina Gruntkowski)
Die Wähler in Portugal sind mit dem Regierungschef nicht 100-prozentig zufriedenBild: Nina Gruntkowski

Bei seinen Wahlkampf-Auftritten wirbt Socrates nun auch nicht unbedingt mit seiner eigenen Politik. Lieber greift er seine konservative Widersacherin Ferreira Leite von der PSD an: "Wenn Ferreira Leite sagt, es gebe Angst in diesem Land, dann sage ich: Die einzige Sorge von der ich höre, ist die, dass die alte Mitte-Rechts Politk zurückkommen könnte", betont Socrates.

Alle Umfragen deuten darauf hin, dass sich die beiden großen Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern werden. Für "Socrates reloaded" muss das Drehbuch jedenfalls umgeschrieben werden: Wenn der portugiesische George Clooney noch einmal die Hauptrolle übernehmen kann, dann nur in einer Koalitions-, wahrscheinlicher aber einer Minderheitsregierung. Für das Casting zu den Nebenrollen könnte Socrates dann Grüne, Kommunisten und den linken Bloque Esquerda einladen.


Autor: Reinhard Spiegelhauer
Redaktion: Julia Kuckelkorn