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Eigentlich untragbar

1. Juni 2011

Trotz der jüngsten Korruptionsvorwürfe rund um die FIFA ist Joseph Blatter als Chef des Fußballweltverbands wiedergewählt worden. Eigentlich ein Unding, findet Stefan Nestler.

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Man stelle sich vor: Ein Wirtschaftsunternehmen wird über Jahre von Korruptionsskandalen erschüttert, der Vorstandschef aber verbleibt auf seinem Posten. Undenkbar. Nicht so bei der FIFA. Dabei ist der Weltfußballverband nichts anderes eine Geldmaschine, die Riesensummen einnimmt, großzügig an die nationalen Verbände verteilt und einen guten Batzen für sich behält. Von 2007 bis 2010 verzeichnete die FIFA vor allem dank der Weltmeisterschaft in Südafrika den Rekordumsatz von drei Milliarden Euro.

Laden nicht im Griff

Porträt Stefan Nestler. Foto: DW
Deutsche Welle-Sportredakteur Stefan NestlerBild: DW

An der Spitze dieses Fußball-Wirtschaftsunternehmens steht seit 1998 der Schweizer Joseph Blatter. Wer seit 13 Jahren einen Verband führt, kann vielleicht noch behaupten, er habe von Korruption in den eigenen Reihen nichts gewusst. Die Verantwortung für die Missstände kann er aber nicht an andere Personen abschieben. Der Chef trägt nun einmal die Verantwortung. Geht man gnädig mit Blatter um, bedeuten die Bestechungsskandale der letzten Jahre, dass er seinen Laden nicht im Griff hatte. Man könnte aber auch spekulieren, dass er von den Missständen wusste. So oder so ist der 75-Jährige an der Spitze des Weltverbands eigentlich nicht mehr tragbar.

Andere bleiben in Deckung

Ohne Blatter wäre die FIFA führungslos und handlungsunfähig, hat DFB-Präsident Theo Zwanziger gesagt. Das sollte ihm, dem neuen Mitglied der FIFA-Exekutive, und seinen Kollegen im höchsten Gremium des Verbands zu denken geben. Es kann doch nicht sein, dass eine Weltorganisation so von ihrem Vorsitzenden abhängig ist, dass sie zusammenbricht, wenn diese Person abtreten muss. Wo sind denn all die vermeintlich sauberen Fußball-Funktionäre, die das Erbe antreten könnten? Der Eindruck drängt sich auf, dass die anderen in Deckung bleiben, weil sie alle in der Vergangenheit vom System Blatter profitiert, sprich saftige Profite abgeschöpft haben.

Frisches Blut wäre nötig

Die FIFA gibt sich gerne den Anschein, als sei sie demokratisch organisiert. De facto erinnert sie jedoch derzeit eher an eine Oligarchie. Allem Anschein nach entscheidet Geld darüber, wer die Fäden in der Hand hält und behält - und wer Fußball-Weltmeisterschaften ausrichten darf. Wirtschaftlich mag die FIFA vor Gesundheit strotzen. Moralisch ist der Fußballweltverband schwer krank. Frisches Blut wäre nötig: ein integrer Chef, der nicht Blatter heißt.

Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Monika Griebeler