Neue Köpfe, alte Probleme
8. Juni 2010Weg vom Image der verknöcherten Volksvertreter will Japans neuer Ministerpräsident Naoto Kan. Genau wie sein Vorgänger Yukio Hatoyama hat auch Kan am Dienstag (08.06.2010) eine Reihe von neuen Gesichtern ins Kabinett berufen. Der prominenteste Neuzugang ist weiblich und heißt Renho Murata. Den Japanern ist sie als Fernsehmoderatorin und Fotomodell bekannt, künftig wird sie das Ministerium für Verwaltungsreformen leiten. Renho hat einen taiwanesischen Vater und eine japanische Mutter und bildet so auch einen Integrationsfaktor im neuen Kabinett.
Stabilität demonstrieren
Kan ist angetreten, um nach dem Rücktritt seines Vorgängers nach nur neun Monaten das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. Yukio Hatoyama war über gebrochene Wahlversprechen und einen Parteispendenskandal in der regierenden Demokratischen Partei (DPJ) gestürzt. Kan ist der fünfte Ministerpräsident in nur vier Jahren. "Mit Frische und Professionalität wollen wir eine Regierung bilden, die sauber und verantwortlich ist", sagte der neue Kabinettssekretär Yoshihito Sengoku.
Elf der 17 Minister gehörten bereits der Vorgängerregierung unter Premier Hatoyama an. Die wichtigen Posten des Außen- und des Verteidigungsministers hat Kan nicht angetastet. Neuer Finanzminister wird Yoshihiko Noda. Er kommt von der Kaderschmiede für Politik und Management "Matsushita Institute of Government and Management". Noda soll jetzt Japans Finanzen sanieren und die enorm hohe Staatsverschuldung eindämmen.
Regierungssprecher als Symapthieträger
Das wichtige und einflussreiche Amt des Regierungssprechers übernimmt Yoshito Sengoku. Mit seiner Berufung will der neue Premier Kan ein Zeichen der Distanz zum bisherigen "Schattenherrscher" der Regierungspartei DPJ, Ichiro Ozawa, setzen. Der zurückgetretene Generalsekretär der DPJ ist gemeinsam mit Ex-Premier Hatoyama in die Schmiergeldaffäre verwickelt, die dem Ansehen der DPJ im Volk stark geschadet hatte und mit zum Rücktritt von Hatoyama als Premier beitrug. Seitdem Ozawa und Hatoyama ihre Ämter zurückgegeban haben, sind die Umfragewerte der Partei wieder gestiegen. Im Juli stehen wichtige Teilwahlen zum Oberhaus an.
US-Militärbasen bleiben
Keine Bewegung wird es unter dem neuen Premier in der Streitfrage um die Militärbasen der USA auf der japanischen Insel Okinawa geben. Hier hatte der zurückgetretene Regierungschef Hatoyama voreilig versprochen, die Stützpunkte ins Ausland zu verlegen. Die USA wollten von diesen Plänen aber nichts wissen, und Hatoyama musste zurückrudern. Kan hingegen hat gleich zu Anfang seiner Amtszeit betont, dass er an der gültigen Vereinbarungen mit den USA nichts ändern will.
Autorin: Nicola Reyk (ap/afp/dpa)
Redaktion: Silke Ballweg