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Japanische Avancen

12. Januar 2007

Japan hat der NATO eine vertiefte Zusammenarbeit angeboten. Sein Land wolle künftig regelmäßig bei Missionen des Bündnisses helfen, sagte Ministerpräsident Shinzo Abe am Freitag vor den NATO-Botschaftern in Brüssel.

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Abe sitzt neben De Hoop Scheffer im Brüsseler NATO-Hauptquartiert (Quelle: AP)
NATO-Generalsekretär De Hoop Scheffer (rechts) bietet Abe 'flexible und pragmatische' Beziehungen anBild: AP

Vor allem in Afghanistan will Japan künftig eng mit der NATO und der von ihr geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF zusammenarbeiten. Ministerpräsident Shinzo Abe sagte am Freitag (12.1.) bei einem Besuch im NATO-Hauptquartier, japanische Zivilisten sollten künftig bei Hilfsprojekten, Minenräumung und Wiederaufbau nicht mehr parallel zur NATO, sondern in enger Abstimmung mit dieser tätig werden.

Japan liefert schon heute logistische Unterstützung für die ISAF in Afghanistan. Auch im Irak waren japanische Soldaten in ihrem ersten Auslandseinsatz seit dem Zweiten Weltkrieg eine Zeit lang stationiert.

"Flexibel und pragmatisch"

Nach Angaben eines NATO-Beamten wurde die Rede Abes in Brüssel gut aufgenommen. NATO-Generalsekretär Jan de Hoop Scheffer kündigte "flexible und pragmatische" Beziehungen zu Japan an. De Hoop Scheffer sagte, bei den vertieften Kontakten zwischen Japan und der NATO gehe es nicht nur um den "übergreifenden politischen Rahmen", sondern auch um konkrete Zusammenarbeit beispielsweise in Fragen der Energiesicherheit und der Planung von Katastropheneinsätzen.

Diplomaten betonten, Japan und die NATO wollten schon in den kommenden Wochen gemeinsame Kooperationsprojekte ausarbeiten. Abes Besuch war die erste Visite eines japanischen Regierungschefs am Hauptquartier der westlichen Allianz.

Militärisches Engagement trotz pazifistischer Verfassung

Abe kündigte an, im Rahmen der japanischen Verfassung handeln zu wollen. Allerdings scheue sich Tokio nicht, "die Selbstverteidigungstruppen ins Ausland zu entsenden, um dem internationalen Frieden und der Stabilität zu dienen", sagte der japanische Regierungschef. Diese Ankündigungen könnten Spannungen mit China und Südkorea auslösen, wo die japanischen Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkrieges nicht vergessen sind.

Zwar sind Japans militärischem Engagement durch die pazifistische Verfassung des Landes enge Grenzen gesetzt. Abe hatte allerdings bereits vor seinem Amtsantritt angekündigt, Japan eine schlagkräftige Armee geben und in der Weltpolitik entschiedener auftreten zu wollen. Erst am Dienstag hatte Tokio erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder ein Verteidigungsministerium eingerichtet.

Umstrittene japanische Avancen

Der Besuch Abes gehört zum Bemühen der NATO, die Beziehungen zu Nicht-Bündnismitgliedern, mit denen die Allianz gemeinsame Interessen hat, zu verbessern. Ein entsprechender Beschluss war im November beim NATO-Gipfel in Riga (Lettland) gefasst worden. Bereits am 9. Januar war der Generaldirektor für Europafragen im chinesischen Außenministerium, Li Ruiyu, zu Besuch bei der NATO. In den kommenden Wochen werden hohe Regierungsvertreter aus Pakistan, Australien und Neuseeland erwartet.

Doch eine engere Zusammenarbeit mit Truppenstellern von außerhalb des Militärbündnisses ist innerhalb der NATO umstritten: Während die USA dies ausdrücklich begrüße, herrschte in der NATO insgesamt bislang eher Zurückhaltung gegenüber den Avancen von Ländern wie Japan. Vor allem Frankreich wehrt sie mit dem Argument ab, die NATO entferne sich damit von ihrer eigentlichen Hauptaufgabe, einer gegenseitigen Verteidigungsbereitschaft. (ana)