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Japan und China weiter auf Kollisionskurs

21. September 2010

Seit der Festnahme eines chinesischen Kapitäns hat sich der Tonfall zwischen den beiden Ländern drastisch verschärft. Hintergrund ist der Streit um Rohstoffe und Hoheitsgebiete.

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Anti-japanische Proteste vor Tokios Botschaft in Peking am 18. September 2010 (Foto: AP)
Anti-japanische Proteste vor Tokios Botschaft in Peking am 18. September 2010Bild: AP

Wem gehört das ostchinesische Meer rund um die Senkaku-Inseln? Das ist die zentrale Frage, um die es zur Zeit beim Streit zwischen China und Japan geht. Rund um die unbewohnten Inseln werden nämlich beträchtliche Öl- und Gasvorkommen vermutet.

Auslöser der jüngsten Verstimmungen war die Verhaftung eines chinesischen Schiffskapitäns durch die Japaner in umstrittenen Gewässern. Das Boot war in der Nähe zweier von beiden Ländern beanspruchten Inseln im Ostchinesischen Meer mit zwei Schiffen der japanischen Küstenwache kollidiert. Die Japaner werfen dem Kapitän vor, die Schiffe absichtlich gerammt und sich einer Festnahme widersetzt zu haben.

Chinesische Ansprüche auf Seegebiet

Das Seegebiet im Ostchinesischen Meer wird von den Japanern als japanische Wirtschaftszone betrachtet. Seit mittlerweile knapp zwei Wochen wird der Mann in Japan festgehalten. Die chinesische Regierung hat deshalb alle hochrangigen Regierungskontakte mit Tokio eingefroren und mit harten Konsequenzen gedroht. Ein Spitzentreffen während des in dieser Woche stattfindenden UN-Gipfels, um den Streit beizulegen, lehnte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums ab: Ministerpräsident Wen Jiabao werde in New York nicht mit seinem japanischen Kollegen Naoto Kan zusammenkommen. Dies sei unangemessen, sagte die Sprecherin am Dienstag (21.09.2010) in Peking. Die japanische Regierung rief China zur Mäßigung auf und erinnerte an die engen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Reich der Mitte. Um die diplomatischen Vertretungen Japans in China vor Ausschreitungen zu schützen, wurden dort chinesische Polizisten und Soldaten postiert.

Japanische Jugendgruppe auf Expo unerwünscht

Als Folge des aktuellen Disputs stellte China außerdem laufende Gespräche mit Japan über neue Flugverbindungen ein. Alle Kontakte auf Ebene der Ministerien und Provinzen wurden ausgesetzt. Auch Touristenreisen wurden eingeschränkt: Einer Gruppe von jungen Japanern wurde ein Besuch der Weltausstellung in Schanghai verwehrt, teilte das japanische Außenministerium mit. Peking habe die Visite für derzeit nicht angemessen erklärt. Tokio kritisierte die kurzfristige Absage als „bedauerlich“. Die jungen Leute waren von Chinas Regierungschef Wen Jiabao eingeladen worden.

Wechselvolle Geschichte

Nach dem Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg hatte China 1895 die bis dahin Diaoyu genannten Inseln an Japan abtreten müssen. Sie blieben die nächsten 50 Jahre bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs japanisch und wurden dann ab 1945 von den USA verwaltet. Trotz wiederholter Proteste durch die Volksrepublik China und Taiwan übertrugen die USA 1972 die Verwaltung der Inseln wieder an Japan. War es bis dahin vor allem eine Frage des nationalen Prestiges, dass China und Taiwan Anspruch auf die Inseln erhoben, kam Ende der 1960er Jahre ein weiterer Grund für den Territorialstreit hinzu: Rund um das Archipel ermittelten Geologen reiche Erdöl-Lagerstätten.

Seit einiger Zeit hat sich der Tonfall, mit dem die Staats- und Parteiführung in Peking ihre strategischen Ambitionen im Ostchinesischen Meer artikuliert, deutlich verschäft. Auch im Fall der gemeinsamen Manöver von US-Streitkräften und koreanischer Marine hatte die chinesische Regierung zuletzt äußerst verärgert reagiert.

Autor: Thomas Kohlmann (rtr,ap,dpa)

Redaktion: Esther Broders