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Japan investiert weniger in China

Rodion Ebbighausen28. Juli 2014

In der ersten Jahreshälfte 2014 sind Japans Direktinvestitionen in China drastisch gesunken. Die politischen Spannungen schlagen damit auch auf die Wirtschaft durch. Gewinner ist ein benachbarter Staatenbund.

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Toyota-Fabrik in Changchun, China (Foto: AP Photo)
Bild: picture alliance/AP Photo

Die Zahlen sind deutlich: Um fast die Hälfte sind die japanischen Direktinvestitionen in China im Vergleich zu 2013 gefallen. So geht es aus der Veröffentlichung des chinesischen Wirtschaftsministeriums zu ausländischen Direktinvestitionen in den ersten fünf Monaten 2014 hervor. Ein drastischer Wandel - aus wirtschaftlichen und politischen Gründen.

"China hat als Investitionsstandort an Licht verloren", sagt Hanns-Günther Hilpert, Ostasienfachmann der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin im Gespräch mit der Deutschen Welle. Die Lohnkosten sind über die letzten Jahre kontinuierlich gestiegen. "China ist immer weniger ein Billiglohnstandort."

China habe für Japan aber auch aufgrund seiner neuen makroökonomischen Ausrichtung an Attraktivität verloren. Statt in Maschinen und Infrastruktur zu investieren, setze das Reich der Mitte verstärkt auf Konsum. Das trifft japanische Unternehmen besonders, deren Stärken etwa in der Infrastruktur liegen - und denen es wegen anti-japanischer Ressentiments ohnehin schwerfällt, in China Konsumgüter abzusetzen. "Ganz deutlich wird das an den Automobilverkäufen: Toyota, Nissan und Honda verlieren an Marktanteilen, Hyundai und Kia aus Korea gewinnen", sagt Hilpert.

Fehlende politische Unterstützung

Die anti-japanischen Ressentiments haben historische Wurzeln. Im Zweiten Weltkrieg eroberte Japan große Teile des chinesischen Festlands. China empfand die Niederlage als Demütigung. Hinzu kamen massive Menschenrechtsverletzungen wir das Massaker in der ostchinesischen Stadt Nanking, bei dem 200.000 Zivilisten und Kriegsgefangene von japanischen Besatzern ermordet wurden.

Japanische und chinesische Küstenwachschiffe in der Ostchinesischen See (Foto: Kyodo)
Seit Monaten belauern sich japanische und chinesische Küstenwachschiffe in der Ostchinesischen SeeBild: picture-alliance/dpa

An diese alten Wunden rührt auch der gegenwärtige Inselstreit in der Ostchinesischen See. Nach Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg wurde der Besitz der Senkaku/Diaoyu-Inselgruppe nie abschließend geklärt. Sowohl Japan als auch China erheben Ansprüche und untermauern diese mit der Entsendung von Küstenwachschiffen und Kampfflugzeugen. Im August und September 2012 kam es deshalb in mehreren chinesischen Städten zu anti-japanischen Protesten. Japanische Geschäfte und Autos wurden beschädigt. "Der dramatische Einbruch japanischen Investments in China begann direkt nach diesen Unruhen", so Rajiv Biswas, Chefökonom der globalen Denkfabrik IHS.

Hinzu komme, nach Aussage von Hilpert, dass die japanische Regierung Investitionen in China weniger unterstütze. Institutionen wie beispielsweise die japanische Außenhandelsorganisation JETRO agierten seit den wachsenden Spannungen zwischen China und Japan viel zurückhaltender.

ASEAN der lachende Dritte

Vom sino-japanischen Streit profitieren vor allem die ASEAN-Staaten. "Die japanische Politik versucht, die ASEAN als Gegengewicht zu China aufzubauen", sagt Hilpert. Shinzo Abe hat seit seinem Amtsantritt als japanischer Premierminister im Dezember 2012 alle Länder Südostasiens mindestens ein Mal besucht. "Natürlich versucht die Regierung, das auch auf die Unternehmen auszudehnen." Allerdings, so betont Hilpert, dürfe das nicht als Dirigismus missverstanden werden: "Die Unternehmen investieren nur, wenn sie auch Gewinne erwirtschaften können." Der schwelende Konflikt erhöhe einfach das Risiko, und treibe damit die Investitionskosten in China in die Höhe. Davor schrecken viele japanische Unternehmen zurück.

Japans Premierminister Shinzo Abe mit Malaysias Premier Najib Razak (Foto: REUTERS/Toru Yamanaka/Pool)
Ende 2013 traf sich Abe mit allen Führern der ASEAN-Staate - hier gemeinsam mit Malaysias Premier RazakBild: Reuters

2013 betrug das Investment der Japaner in Südostasien etwa 17 Milliarden Euro. Japan, das seit den 70er Jahren in der Region aktiv ist, ist damit nach der EU und den ASEAN-Staaten selbst der größte Investor in Südostasien. "Es gibt eine lange Tradition und viel Erfahrung auf japanischer Seite. Und die Erfahrungen sind in der Regel auch gut", sagt Hilpert. Hinzu kämen wirtschaftliche Reformen der ASEAN und eine wachsende Integration der Märkte. "Eine Investition in einem Land A wird demnach mittelfristig auch Standorte in den Ländern B und C innerhalb Südostasiens beliefern können."

"Die ASEAN hat viele 'pull-Faktoren'", weiß auch Biswas von IHS. Im Rahmen der bis Ende 2015 angestrebten ASEAN Economic Community (AEC) seien viele Zollschranken abgebaut und Investitionen vereinfacht worden. Biswas ist überzeugt: "Die Region hat eine schnell wachsende Mittelschicht und bietet für die nächsten zwei Jahrzehnte große wirtschaftliche Chancen."