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500.000 Hikikomori verstecken sich vor der Welt

7. September 2016

In Japan ziehen sich immer mehr Menschen teils jahrelang aus der Gesellschaft zurück. Über eine halbe Million Betroffene, darunter besonders viele junge Erwachsene, vermeiden jeden Kontakt mit der Außenwelt.

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Symbolbild: Hikikomori-Depression (Foto: Colourbox)
Hikikomori - eine Form von schwerer DepressionBild: Colourbox

Nach einer neuen Erhebung der Regierung weigern sich schätzungsweise 541.000 Menschen im Alter von 15 bis 39, ihr Elternhaus oder Zimmer zu verlassen. Der Rückzug ist in der Regel nicht nur räumlich, sondern meist verabschieden sich diese Menschen innerlich auch von Familie, Freunden und Öffentlichkeit. Immer mehr Betroffene würden sich dabei über längere Zeiträume einschließen, zitierte die Nachrichtenagentur Kyodo aus der Studie. Bei rund 35 Prozent seien es mehr als sieben Jahre.

Flucht vor dem Belastungsdruck der Außenwelt

Die japanische Sprache kennt dafür einen eigenen Begriff. Sowohl das Phänomen der sozialen Isolation wie auch die Betroffenen selbst werden Hikikomori genannt (zu Deutsch: sich wegschließen). Das Gesundheitsministerium in Tokio definiert als Hikikomori eine Person, die sich mindestens sechs Monate vollständig isoliert.

Die Ursachen können vielfältig sein. Doch besonders häufig sehen sich auf Nachfragen insbesondere junge Erwachsene dem hohen Erwartungsdruck der Gesellschaft nicht gewachsen. Hinzu kommen schulischer Druck oder auch wirtschaftliche Faktoren. Ein Grund sind auch die in Japan besonders starren gesellschaftlichen Normen. So ist streng geregelt, was man selbst engen Vertrauten gegenüber sagen kann und was nicht.

In einer erstmaligen Erhebung zu dem Phänomen vor fünf Jahren hatte die Regierung 696.000 Hikikomori im Land geschätzt. In der neuen Erhebung liegt die Zahl zwar niedriger, doch seien Menschen über 40 Jahre darin nicht berücksichtigt worden, berichtete Kyodo. Auffällig sei, dass sich die Zahl der Betroffenen im Alter zwischen 35 und 39 Jahren verdoppelt habe. Für die Erhebung wurden 5000 Haushalte mit mindestens einem Familienmitglied zwischen 15 und 39 berücksichtigt.

Schätzungen von Psychologen gehen davon aus, dass die Zahl der Betroffenen deutlich höher liegt, als in der Studie ermittelt.

qu/uh (dpa, afp)