1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

James Bond des Bundeskanzleramts

Jens Thurau28. Januar 2005

Aufgemerkt, Filmregisseure, vor allem die von Seifenopern: Lange ist es her, dass die Politik euch eine Vorlage geliefert hat für einen echten Skandal-Film – jetzt ist es wieder soweit.

https://p.dw.com/p/6Axb

Die Bela–Anda–Fotoaffäre fand in der zurückliegenden Woche ihren Höhepunkt – vorerst jedenfalls. Zutaten: Geheimnisvolle Fotos, die den Bundeskanzler und den US-Präsidenten zeigen, ein Regierungssprecher, der als Postbote versagt, Lüge, Verrat und Vertuschung, ein betrogener Reporter, eine schäumende Opposition. Das müsste doch wohl reichen für ein spannendes Drehbuch, oder?

"Das geht klar"

Die Affäre beginnt im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington, zu Beginn des Jahres 2002. Ein deutscher Pressefotograf, der Bundeskanzler Gerhard Schröder beim Präsidenten–Besuch in den USA begleitet, bittet Regierungssprecher Bela Anda um einen Gefallen. Er wolle noch etwas länger in den Staaten bleiben, seine Redaktion aber brauche die Fotos der Kanzler-Visite dringend, ob nicht Anda sie mitnehmen könne im Regierungsflugzeug zurück nach Berlin. Das geht klar, Regierungssprecher und Fotograf kennen sich von früher. Außerdem gilt Anda, der äußerlich entfernt an James Bond erinnert und im Film ganz gut von Pierce Brosnan dargestellt werden könnte, als seriös.

Nur leider – die Fotos gehen verloren. Wo nur? Noch im Rosengarten, über dem Atlantik, in Andas Schreibtischschublade? Damit befasste sich jetzt das Berliner Landgericht – und wies die Klage des Fotografen auf Schadensersatz ab. Die Sache lasse sich nicht klären, hieß es. Ebenso wenig lässt sich klären, ob der Vorwurf der Opposition zutrifft, wonach Anda ein Lügner ist. Tatsächlich hatte Anda die Entgegennahme der Fotos zunächst bestritten und erst später eingeräumt.

Quasi privat gelogen

Was nur war auf diesen Fotos zu sehen, dass sie verschwinden mussten? Gerüchte besagen, nicht immer sei Schröder vorteilhaft getroffen worden. Das Gericht aber stellte fest: Anda handelte nicht offiziell als Sprecher des Kanzlers, sondern "bei Gelegenheit". Klingt wie Gelegenheitsdieb. Und pikant ist auch die Einlassung eines Regierungsvertreters vor Gericht, wonach Anda möglicherweise gelogen habe, dies aber auch dürfe – quasi privat.

Wie gesagt, ein toller Filmstoff. Oder sollen wir noch ein wenig warten, bis die Fotos doch wieder auftauchen? Wir bleiben am Ball. Und wenn wir mal wieder den Kanzler begleiten, wo auch immer hin, kommen alle wichtigen Unterlagen ins Handgepäck.